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Sonstige

Vorschnelle Unterschrift unter Kreditvertrag kann teuer werden

17.10.2000

Bei Nichtabnahme eines Hypothekendarlehen dürfen Banken eine Entschädigung verlangen /

Beim Erwerb einer eigenen Wohnung oder eines eigenen Hauses kommt es immer wieder vor, dass der schon sicher geglaubte Kauf buchstäblich in letzter Minute noch scheitert. Für die verhinderten Käufer bedeutet dies meistens nur, dass sie sich nach einer anderen Immobilie umsehen müssen. Anders sieht es allerdings aus, wenn bereits ein Darlehensvertrag für die Finanzierung unterschrieben wurde und dann die Kaufabsicht auf unabsehbare Zeit zurückgestellt werden muss.

Viele glauben, dass in solch einem Fall die Geschäftsgrundlage für die Darlehensaufnahme entfallen ist und der Vertrag mit dem Kreditinstitut sich daher einfach erledigt hat. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Wenn ein rechtswirksamer Vertrag zustande gekommen ist und das Darlehen nicht abgenommen wird, kann die Bank einen Schadensersatz für den entgangenen Gewinn verlangen – und das kann teuer werden. Wer beispielsweise ein Darlehen über 300.000 Mark aufnehmen wollte, mit einem Zinssatz von 6,5 Prozent, festgeschrieben auf zehn Jahre, und einer anfänglichen Tilgung von einem Prozent, muß gegenwärtig bei einer Nichtabnahme des Kredites mit einer Schadensersatzforderung von rund 13.000 Mark rechnen. Und so „wenig“ auch nur, wenn die Bank fair rechnet.

In vielen Fällen resultiert die Nichtabnahme eines Darlehens daraus, dass der Besitzer der Immobilie den Verkauf zunächst fest zugesagt, später aber überraschend einen Rückzieher gemacht hat. Für die Betroffenen liegt dann die Hoffnung nahe, dass sie den wortbrüchigen Verkäufer ihrerseits belangen und somit eine Nichtabnahmeentschädigung abwälzen können. Diese Hoffnung trügt jedoch in aller Regel, weil der Verkauf einer Immobilie notariell beglaubigt werden muß und bloße mündliche oder auch schriftliche Zusagen in solchen Fällen wegen Formmangels nicht rechtswirksam sind.

Oftmals scheitert die Abnahme eines Darlehens aber auch aus anderen Gründen. Der Verbraucher-Zentrale Bremen sind Fälle bekannt, in denen die Bank nicht – wie üblich – erst die Voraussetzungen für die Darlehensvergabe geprüft und anschließend eine Kreditzusage gegeben hat. Vielmehr wurde umgekehrt zunächst ein Darlehensvertrag geschlossen, in dem die Auszahlung des Kredites dann an eine Reihe noch zu schaffender Voraussetzungen geknüpft wurde. Nachdem diese Voraussetzungen nicht oder nicht schnell genug erfüllt werden konnten, wurde die Auszahlung des Kredites schließlich verweigert und der Darlehensnehmer ebenfalls mit einer Nichtabnahmeentschädigung zur Kasse gebeten. Vor solchen Vertragskonstruktionen ist daher zu warnen, zumal für die Kreditinstitute ein Anreiz besteht, lieber die Nichtabnahmeentschädigung zu kassieren als den Darlehensvertrag zu erfüllen. Bei der planmäßigen Abwicklung des Kredites verdienen die Banken nämlich nur die Differenz zwischen dem Vertragszins und dem Zins, mit dem sie selbst ihr Geld aufnehmen. In der Regel sind das die Renditen von Bankschuldverschreibungen, die die Geldinstitute zu ihrer Refinanzierung herausgeben. Bei der Berechnung einer Nichtabnahmeentschädigung dürfen sie demgegenüber nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung – wie bei einer vorzeitigen Rückzahlung von Krediten – den Abstand zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Schuldverschreibungen des Bundes geltend machen. Der Unterschied ist beträchtlich: Gemessen an den Bankschuldverschreibungen als tatsächlichem Refinanzierungszins beträgt der entgangene Gewinn im obigen Beispiel lediglich 13.000 Mark. Im Vergleich zu den Schuldverschreibungen des Bundes beläuft sich die zulässige Schadensersatzforderung aber auf knapp 27.000 Mark. Die Nichtabnahme eines Darlehens ist derzeit folglich ein weitaus lukrativeres Geschäft als die Auszahlung des Darlehens.

Die Verbraucher-Zentrale rät deshalb zum einen, Darlehensverträge nicht vor den Kaufverträgen zu unterschreiben. Zum anderen sollten im Vorfeld der Kaufvertragsunterzeichnung die Bedingungen der Finanzierung abschließend geklärt sein und eine Finanzierungszusage ohne Vorbehalte des Kreditinstitutes vorliegen.