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Sonstige

BGH ändert Berechnungsweise von Vorfälligkeitsentschädigungen

20.12.2000

Bei der Ersatzanlage müssen höhere Renditen berücksichtigt werden /
Für viele Betroffene ergeben sich Verbesserungen

Die Verbraucherzentrale des Landes Bremen teilt mit:


Wer ein Darlehen vor dem Ende der Zinsbindungsfrist ablösen will, weil die Immobilie verkauft oder ein zusätzlich benötigter Kredit nicht bewilligt wird, muß der Bank in der Regel eine Entschädigung zahlen. Eine solche Vorfälligkeitsentschädigung kann immer dann verlangt werden, wenn der Zins des Darlehens höher liegt als die Zinsen, die das Kreditinstitut während der restlichen Zinsbindungsfrist mit einer Ersatzanlage in festverzinslichen Wertpapieren verdienen kann. Strittig ist dabei aber häufig die Frage, ob die Bank ihren Schaden auch richtig berechnet hat.


Am 7. November hat sich der Bundesgerichtshof erneut mit diesem Problem auseinandergesetzt. Ein wesentlicher Streitpunkt zwischen den Parteien war, ob die Bank für den gesamten vorzeitig zurückgezahlten Darlehensbetrag einen einheitlichen Wiederanlagezins zu Grunde legen muss, der der restlichen Zinsbindung entspricht. Oder ob sie für jede zukünftig ausfallende Rate des Darlehens einen eigenen und damit in der Höhe gestaffelten Wiederanlagezins veranschlagen darf. Letzteres führt rechnerisch immer dann zu einem höheren Schadensausweis, wenn die Zinsen am Kapitalmarkt für kurzfristige Anlagen niedriger sind als bei längeren Anlagefristen.


Der BGH hat diese für die Banken günstigere Berechnungsmethode anerkannt. Gleichzeitig hat er aber auch entschieden, dass eine realitätsgerechtere Form der Ersatzanlage unterstellt werden muss als es bislang verbreitete Praxis war. Nach der


früheren Rechtsprechung konnten die Kreditinstitute auf dem Papier eine Ersatzanlage in öffentlichen Schuldverschreibungen unterstellen. Wie die Statistik der Deutschen Bundesbank zeigt, legen die Kreditinstitute im Durchschnitt tatsächlich jedoch weniger als zwei Prozent ihrer Aktiva in öffentlichen Anleihen an. Bei Anlagen am Kapitalmarkt werden statt dessen Bankschuldverschreibungen bevorzugt, auf die im Durchschnitt ein mehr als fünf Mal so hoher Betrag entfällt. Im Jahr 1997, dem Zeitpunkt der früheren BGH-Urteile, machte es kaum einen Unterschied, ob bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen eine Ersatzanlage in öffentlichen oder in Bankschuldverschreibungen unterstellt wurde, da die Renditen fast auf der gleichen Höhe lagen. Inzwischen hat sich das jedoch stark geändert: Bankschuldverschreibungen werfen eine bis zu 0,6 Prozentpunkte höhere Rendite ab, was gerade bei höheren Summen und längeren Laufzeiten einen erheblichen Unterschied ausmacht. Der BGH hat deshalb seine frühere Entscheidung korrigiert und verfügt, dass bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen eine Ersatzanlage in Bank-schuldverschreibungen bzw. genauer: in Hypothekenpfandbriefen zu unterstellen ist.


Trotz der etwas ungünstigeren Berechnungsmethode mit gestaffelten Wiederanlagezinsen ergibt sich dadurch für viele betroffene Darlehensnehmer unter dem Strich eine Verbesserung. Das gilt insbesondere für Darlehen, die in den letzten beiden Jahren vorzeitig zurückgezahlt worden sind. So reduziert sich beispielsweise bei einem im Juni dieses Jahres vorzeitig abgelösten Darlehen über ursprünglich 300.000 Mark, das fünf Jahre zuvor mit einem auf zehn Jahre festgeschrieben Zins von 7,5 Prozent aufgenommen wurde, die Vorfälligkeitsentschädigung von über 27.000 Mark auf rund 23.000 Mark. Ob sich Rückforderungen ergeben, muss allerdings in jedem Einzelfall geprüft werden, zumal einige Kreditinstitute schon bisher günstiger gerechnet haben.


Andere haben aber auch mehr kassiert, als selbst die frühere Rechtsprechung zu-ließ. Und zwar durch Mogeleien beim Rechnen mit dem Effektivzins des abzulösen-den Darlehens. Auch hier hat der BGH jetzt zu Gunsten vieler Betroffener klar gestellt, dass bei den Schadensberechnungen vom Nominalzins des Darlehens auszugehen ist. In vielen Fällen werden sich daraus ebenfalls Ansprüche auf Rückerstattungen ergeben.


Die Verbraucherzentrale Bremen bietet Überprüfungsberechnungen, die die neue Rechtsprechung berücksichtigen. Benötigt werden dazu eine Kopie des Darlehensvertrages und der Forderungsaufstellung der Bank sowie ein Verrechnungs- oder Euro-Scheck über 100,- DM für jedes zu überprüfendes Darlehen.