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Die Verbraucherzentrale des Landes Bremen e.V.teilt mit:
BGH-Urteil zur Vorfälligkeitsentschädigung gilt auch rückwirkend

17.01.2001

In den meisten Fällen können Betroffene auf Erstattungen hoffen


Der Bundesgerichtshof hat sich im November letzten Jahres erneut mit der Frage befasst, wie Kreditinstitute ihren Schaden bei einer vorzeitigen Ablösung von Hypothekendarlehen berechnen können. In dem Urteil wird zum einen klar gestellt, dass die Banken für jede einzelne Zahlung, die bei einer planmäßigen Fortsetzung des Kredites noch angefallen wäre, einen eigenen Zinssatz für die Ersatzanlage ansetzen können. Zum anderen haben die Karlsruher Richter entschieden, dass anstelle einer Ersatzanlage in öffentlichen Anleihen eine Wiederanlage der Gelder in Hypothekenpfandbriefen zu unterstellen ist. Diese Entscheidung bedeutet für die betroffenen Darlehensnehmer eine Verbesserung, da die Renditen von Hypothekenpfandbriefen regelmäßig höher liegen und sich der rechnerische Schaden des Kreditinstitutes dadurch verringert.


Für viele Kreditnehmer, die in der Vergangenheit eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen mussten, stellt sich daher die Frage, ob das Urteil auch rückwirkend gilt und sich dadurch Erstattungsansprüche ergeben. Erste Reaktionen von Banken zeigen, dass dies mitunter verneint wird, mit dem Argument, der BGH habe ja 1997 selbst eine Ersatzanlage in öffentlichen Schuldverschreibungen zum Maßstab erhoben. Solche Einwände sind jedoch nicht richtig. Grundsätzlich gilt, dass der BGH einen Sachverhalt immer besser erkennt und deshalb die jüngsten Urteile entscheidend sind. Die neuen Vorgaben für die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung sind daher auch auf alle früheren Fälle anzuwenden. Da eine überhöhte Vorfälligkeitsentschädigung als eine ungerechtfertigte Bereicherung anzusehen ist, gilt die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren. Wichtig ist zudem: Die Kreditinstitute können sich auch nicht darauf berufen, dass der Darlehensnehmer eine Einverständniserklärung zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung unterschrieben habe. Solchen Versuchen hat der BGH bereits in 1997 eine Abfuhr erteilt.


Ob sich Erstattungsansprüche ergeben, lässt sich nicht generell sagen, sondern muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Gute Chancen bestehen insbesondere dann, wenn das Kreditinstitut schon in der Vergangenheit mit gestaffelten Wiederanlagezinssätzen gerechnet und dabei die Renditen öffentlicher Schuldverschreibungen herangezogen hat. Wenn mit einem einheitlichen Wiederanlagezins und einer Rendite öffentlicher Anleihen gerechnet wurde, werden sich ebenfalls vielfach Rückforderungen ergeben, mit großer Wahrscheinlichkeit aber nicht bei Darlehen, die in den Jahren 1996 oder 1997 vorzeitig abgelöst wurden. Darüber hinaus winken Rückzahlungen in solchen Fällen, in denen das Kreditinstitut vorgeblich eine Schadensberechnung auf Effektivzinsbasis vorgenommen hat, in Wirklichkeit jedoch ein verfehlter Mix aus Effektivzinssätzen und nominaler Berechnungsmethode praktiziert wurde.


Einen Sonderfall stellen Vorfälligkeitsentschädigungen dar, die nicht beim Verkauf der Immobilie, sondern bei einer Umschuldung oder einer Ablösung des Darlehens aus vorhandenem Guthaben gezahlt werden mussten. In solchen Fällen, in denen die Bank der vorzeitigen Vertragserfüllung freiwillig zugestimmt hat, tendiert die Rechtsauffassung dazu, die Vorfälligkeitsentschädigung als einen ausgehandelten Preis zu betrachten, auf denen die strengen Schadensersatzmaßstäbe nicht anzuwenden sind. Allerdings darf die Ablöseforderung den tatsächlichen Schaden lediglich um maximal 90 bis 100 Prozent überschreiten; sonst ist sie sittenwidrig und damit nichtig. Nach den Beobachtungen der Verbraucherzentrale Bremen haben einige Kreditinstitute diesen Spielraum in der Vergangenheit zu ihrem Gunsten ausgenutzt. Da der tatsächliche Schaden nach den neuen BGH-Vorgaben zu berechnen ist, können sich daher auch in solchen Fällen vereinzelt Rückerstattungsansprüche ergeben.


Die Verbraucherzentrale Bremen bietet Überprüfungsberechnungen, die die neue Rechtsprechung berücksichtigen. Nähere Informationen dazu sind montags, dienstags und donnerstags unter der Rufnummer 0421-160 77 51 erhältlich.