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Sonstige

Was ist eigentlich Psychoonkologie?

11.05.2001

Die psychologische Arbeit mit krebskranken Kindern
und Erwachsenen im Krankenhaus ist vielschichtig

Dass PsychologInnen und PsychotherapeutInnen beispielsweise in psychiatrischen oder psychosomatischen Fachkliniken arbeiten, ist hinlänglich bekannt. Doch wie sieht ihre Arbeit in einem Allgemeinkrankenhaus aus, wo doch die körperlichen Erkrankungen im Vordergrund stehen? Eine Antwort auf diese Frage wollen die Mitarbeiterinnen des Zentralen Psychologischen Dienstes (ZPD) des Zentralkrankenhauses Sankt-Jürgen-Strasse am kommenden Dienstag, 15. Mai, in einer öffentlichen Abendveranstaltung geben. Unter der Überschrift „Leib und Seele – eine Einheit?“ werden die Psychothera-peutinnen Einblicke in die verschiedenen Felder ihrer täglichen Arbeit geben.

Der Informationsabend, der um 18 Uhr mit einem Einführungsvortrag im Mehrzwecksaal des Zentralkrankenhauses (neben dem Direktionsgebäude) beginnt und um 21 Uhr mit Workshops endet, möchte vor allem Transparenz herstellen in einem Bereich, der für die meisten Menschen schwer fassbar ist. „Alles, was mit Seele zu tun hat, ist vielen Menschen suspekt“, sagt Helga Loest, Leiterin des ZPD. Dies sei angesichts der Tatsache, dass rund ein Drittel der PatientInnen in Allgemeinkrankenhäusern und Allgemeinpraxen der psychotherapeutischen beziehungsweise der psychosomatischen Hilfe bedürfe, verwunderlich. Noch immer sei es leichter über ein gebrochenes Bein oder eine Lungenentzündung zu sprechen, als über eine Depression oder über Ängste.

Dabei kann es nach Angaben der Psychotherapeutin schnell passieren, dass durch den Ausbruch einer schweren Erkrankung das seelische Gleichgewicht massiv ins Wanken gerate. So löse beispielsweise die Mitteilung einer Krebserkrankung eine Reihe psycho-sozialer Belastungen aus. Mit einem mal verändere sich alles schlagartig. Helga Loest:

„Plötzlich wird klar, dass das Leben endlich und der Körper nur bedingt verlässlich ist. Es treten Fragen und Ängste auf zur bevorstehenden Therapie, zum Leben mit der Erkrankung, zur beruflichen Entwicklung.“

In der psychotherapeutischen Begleitung von Krebspatienten – in der Fachsprache Psychoonkologie genannt – geht es im Krankenhaus vor allem um die Förderung der offenen Auseinandersetzung mit der Erkrankung. Dabei ist es wichtig, die innerseeli-schen Verarbeitungsmechanismen und die Ressourcen der PatientInnen zu erkennen und ihre Autonomie zu fördern, um einen depressiven Rückzug zu verhindern. Ebenso notwendig ist der Einbezug der Familien, die häufig extremen Unsicherheiten im Umgang mit dem erkrankten Menschen ausgesetzt sind, was oft zu gegenseitiger Fehlwahrneh-mung, zur Schonhaltung oder zur harmonisierenden Konfliktvermeidung führt. In der Psychoonkologie – und hier vor allem in der Arbeit mit krebskranken Kindern – spielt nicht nur das therapeutische Halten und Stützen, sondern auch das gemeinsame Aushalten von Situationen, die aktuell nicht verändert werden können, eine große Rolle.

Teilnehmer an der Abendveranstaltung, die im übrigen kostenlos ist und im Rahmen der 150-Jahr-Feier des ZKH Sankt-Jürgen-Strasse stattfindet, können sich nach dem Einführungsvortrag in anschließenden Workshops nicht nur über Psychoonkologie informieren, sondern auch über die anderen Arbeitsfelder der Psychologinnen und Kunsttherapeutinnen des Zentralen Psychologischen Dienstes. So wird es Arbeitsgrup-pen zu folgenden Themen geben:

- Chronische Erkrankungen und ihre psychologischen Wechselwirkungen

- Seelische Folgen von traumatischen Erlebnissen

- Psychosomatik: Das Zusammenspiel von Körper und Seele

- Abhängigkeitserkrankungen und ihre seelischen Hintergründe

- Seelische Aspekte in der Kinder- und Jugendmedizin

- Kunsttherapie: Ein kreativer Schritt zur Heilung

- Die seelische Seite von Schwangerschaft und Geburt