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Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Besuch von Staatsrätin Winther in Bratislava

22.06.2001

Eröffnet der Bremer Wirtschaft neue Chancen in der Slowakei

Die Öffnung der mittel- und osteuropäischen Reformländer und die bevorstehende Osterweiterung der Europäischen Union verändern die ökonomische Situation in der Bundesrepublik. Deutschland rückt wirtschaftlich nach Osten und findet dort neue Chancen und Partner - Aspekte, die auch für den Hafen- und Außenwirtschaftsstandort Bremen von zentraler Bedeutung sind. Um die Möglichkeiten auszuloten, die sich der bremischen Wirtschaft in der Slowakei bieten, reiste die Staatsrätin beim Senator für Wirtschaft und Häfen, Sibylle Winther, in dieser Woche zu einem Kurzbesuch nach Bratislava. Zuvor hatte der Yacht-Club Hansestadt Bremen e.V. (YCHB) bereits mit einem Schiffskorso Kurs auf die slowakische Hauptstadt genommen, um die Städtepartnerschaft zwischen Bremen und Bratislava zu beleben.


Mit ihrer Reise in die Slowakei, auf der sie unter anderem mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Ivan Miklos sprach, verfolgte die Staatsrätin mehrere Ziele:

    Suche nach wirtschaftlichen Kooperationsmöglichkeiten,

    politische Gespräche mit der Regierung der Slowakei,

    Werbung für den Wirtschaftsstandort Land Bremen.


Die seit 1. Januar 1993 unabhängige Slowakische Republik hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Es galt, ein demokratisches politisches System zu etablieren, weitreichende ökonomische Reformen einzuleiten und einen europäischen Integrationskurs einzuschlagen. Mit dem Beitritt zum Club der Industriestaaten, der OECD, im Sommer letzten Jahres hat die Slowakei ein wichtiges Etappenziel erreicht. Außerdem gehört das Land zur ersten Gruppe der EU-Beitrittskandidaten.


Das Hauptproblem des slowakischen Parlamentarismus ist die zersplitterte Parteienlandschaft. Die aktuelle Koalitionsregierung setzt sich aus der aus fünf Gruppierungen bestehenden "Slowakischen-demokratischen Koalition (SDK)" sowie drei weiteren Parteien zusammen. Im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Reformen des Landes steht nach wie vor die Privatisierung. Der Privatsektor trägt mittlerweile 84,3 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.


Deutschland, wichtigster Handelspartner der Slowakei, liegt bei den Exporten aus dem Reformland vor der Tschechischen Republik an erster Stelle (5,5 Mrd. DM = 27,7 Prozent des Gesamtexports 1999). Bei den slowakischen Importen liegt die Bundesrepublik gleichfalls an erster Stelle (5,56 Mrd. DM= 26,2 Prozent des Gesamtimports 1999). Auch unter den ausländischen Investoren nimmt Deutschland den ersten Platz ein (18,9 Mrd. SK = 22 Prozent in 1999; im Jahre 2000 ist das deutsche Investitionsvolumen auf rund 28 Prozent angestiegen).


Bremen hat sich trotz seiner Städtepartnerschaft mit Bratislava bislang merklich in der Slowakei zurückgehalten. Der letzte Besuch einer bremischen Wirtschaftsdelegation in der Slowakei lag etwa zehn Jahre zurück. Der Handelsverkehr mit der Slowakei über die Bremischen Häfen betrug im vergangenen Jahr gut 16.000 Tonnen.


Staatsrätin Winther nutzte den Besuch für vielversprechende Begegnungen. Neben Gesprächen mit der örtlichen Handelskammer und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft gab es Kontakte zu Vize-Regierungschef Ivan Miklos, dem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Peter Brno, und Bratislavas stellvertretendem Oberbürgermeister Dr. Pavol Minarik. Alle drei Politiker gehören zur neuen Garde junger Hoffnungsträger des Landes mit einer deutlichen marktwirtschaftlichen Orientierung und großem Interesse an Kooperationen mit den westlichen Industrienationen, vor allem der EU. Vize-Premier Miklos betonte, dass es der Koalition in zweieinhalbjähriger Regierungszeit gelungen sei, die Wirtschaftslage zu stabilisieren und dringend notwendige Strukturreformen auf den Weg zu bringen.


Im Mittelpunkt des Besuchsprogramms stand eine Informations- und Kooperationsbörse in der Slowakischen Handels- und Industriekammer Bratislava (SOPK). Zwölf Bremer Unternehmen wurden durch die Delegation vertreten. Auf slowakischer Seite beteiligten sich elf Firmen. Der Branchenschwerpunkt lag im Baubereich (Bedachung, Sanitär, Heizung, Klima etc.). Konkrete Geschäftsabschlüsse hatte sich von dieser ersten Begegnung niemand versprochen - sehr wohl aber direkte Kontakte zu potentiellen Kunden oder Kooperationspartnern, viele neue Informationen und ein Ausloten der sich bietenden Möglichkeiten - und genau das wurde auch erreicht.


In einer ersten Reaktion äußerten sich die Bremer Firmenvertreter positiv über die geführten Gespräche. Fazit: "Die Türen sind geöffnet - die Kontakte werden jetzt genutzt." Die Firma Peinemann + Sohn (Sanitär, Heizung, Klima) beabsichtigt beispielsweise, ihren Gesprächspartner nach Bremen einzuladen, um vor Ort weitere Detailfragen zu erörtern. Aus Sicht von Staatsrätin Winther ist es besonders erfreulich, dass auf diesem Wege kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zusammen gebracht werden konnten: „Großunternehmen gehen ihren Weg allein. Dagegen brauchen KMU Schützenhilfe – und die wurde hier geleistet.“


Wertvolle Unterstützung erhielten Frau Winther und die Delegation durch die deutsche Botschaft in Bratislava. Botschafter Dr. Frank Lambach genießt hohes Ansehen bei der slowakischen Regierung; er hat dem Land beim Beitritt zur OECD maßgeblich zur Seite gestanden. Die Botschaft hat sich bereit erklärt, für weitere Bremer Aktivitäten als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung zu stehen. Vor allem in Hafenfragen bietet sich aber auch eine Zusammenarbeit mit dem Wiener Büro der Bremischen Hafenvertretung (BHV) an.


Aus den Gesprächen der Staatsrätin mit Politikern, der Handelskammer und Wirtschaftsförderern ergaben sich in folgenden Bereichen Ansätze für neue gemeinsame ökonomische Aktivitäten zwischen Bremen und Bratislava:


  • Umwelt/Abwasser,

  • Aufbau von Technologieparks,

  • Hafenmodernisierung/-privatisierung,

  • Stadtentwicklung,

  • Neue Technologien/High-Tech,

  • Logistik,

  • Wirtschaftliches Know-how mit Blick auf EU-Beitritt und Globalisierung

  • Nahrungs- und Genussmittelwirtschaft/Wein.


Der Vorschlag der Staatsrätin, den Einstieg in die neue Zusammenarbeit durch gemeinsame Qualifizierungsmaßnahmen vorzunehmen, stieß in Bratislava auf positive Resonanz. Workshops, Seminare und der Austausch von Praktikanten sollen die Basis für Begegnungen, fundierten Informationsaustausch und neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen. Unter anderem ist vorgesehen, gemeinsam mit der Carl-Duisberg-Gesellschaft Bremen sowie weiteren Unternehmen und Institutionen konkrete Kooperationsvorschläge zu unterbreiten und möglichst noch in diesem Jahr in eine erste Maßnahme einzusteigen.