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Der Senator für Inneres und Sport

„Müssen nach wie vor wachsam sein gegen extremistische Bestrebungen!“

12.06.2006

Innensenator Thomas Röwekamp stellt Bremer Verfassungsschutzbericht 2005 vor

„Nach wie vor müssen wir wachsam sein gegen alle Ausprägungen verfassungsfeindlicher Bestrebungen, sei es von Neonazis, autonomen Linken oder Islamisten“, erklärte Bürgermeister Thomas Röwekamp, Senator für Inneres und Sport, am Montag (12. Juni) bei der Vorlage des Verfassungsschutzberichtes 2005 des Landes Bremen. Der Bericht beleuchtet die Entwicklung des Rechts-, Links- und Ausländerextremismus und nennt Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität im vergangenen Jahr. Als Beobachtungsschwerpunkte des Landesamtes für Verfassungsschutz nannte Röwekamp die Bereiche Islamismus/islamistischer Terrorismus sowie die Bereiche der Neonazis/Skinheads und rechtsextremistischer Musikgruppen.

Bei den Straftaten ist –analog zum Bundestrend - ein Anstieg sowohl im Bereich Rechtsextremismus (von 86 auf 121; davon 72 sog. Propagandadelikte) als auch im Linksextremismus (von 18 auf 44 Fälle) festzustellen. Erfreulicherweise verringerten sich die politisch motivierten Straftaten von Ausländern von 30 auf 14 Delikte.
Aus keinem der drei extremistischen Phänomenbereiche liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Anhaltspunkte oder Anzeichen dafür vor, dass Anschläge geplant oder terroristisch-extremistische Strukturen existieren.

Die Gesamtmitgliederzahl im Bereich Rechtsextremismus war im Jahr 2005 deutlich rückläufig –von 335 im Vorjahr auf 285 Personen. Die linksextremistische Gesamtmitgliederzahl blieb mit etwa 900 auf dem Niveau des Vorjahres – ebenso gleichbleibend war die Anzahl extremistischer Ausländer mit 1700, wovon allein 1200 Mitglieder auf die IGMG (Islamische Gemeinschaft Milli Görüs) entfallen.

„Der islamistisch motivierte Extremismus und Terrorismus stellt nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die Sicherheitsbehörden in Bremen, in Deutschland und in der Welt dar. Auch wenn die Bedrohungslage gegenwärtig eher abstrakt ist, sind wir uns stets bewusst: Das Bundesland Bremen ist kein „weißer Fleck“ auf der Landkarte des internationalen Terrorismus und Extremismus“, betonte Bürgermeister Thomas Röwekamp. Ein Beispiel ist ein Imam einer Bremer Moschee, gegen den wegen fortdauernder Hasspredigten ein ausländerrechtliches Verfahren eingeleitet wurde. Dank der gesammelten und ausgewerteten Erkenntnisse des LfV kann der ägyptische Staatsbürger seit Februar 2005 nicht mehr vor seiner Gemeinde gegen Andersgläubige und die westliche Welt hetzen.
Auch die Anschläge in London am 7. Juli 2005 – mit 56 Toten und etwa 700 Verletzten – haben nach Röwekamps Worten „erneut vor Augen geführt, dass die islamistische Bedrohung jederzeit auch uns in Deutschland treffen kann. Die mutmaßlichen Attentäter kamen aus der zweiten und dritten Generation muslimischer Migranten, waren meist in Großbritannien aufgewachsen und schienen weitgehend in die britische Gesellschaft integriert. Über diese „neue Generation von Jihadisten“, die nicht von „außen“ einreisen, sondern aus der eigenen Gesellschaft hervorgehen, müssen wir noch mehr Erkenntnisse gewinnen!“
Im Kampf gegen Terror und Islamismus gelte es, weiterhin wachsam zu sein. „Auf der anderen Seite heißt das aber auch: Einen Generalverdacht gegen Muslime darf nicht aufkommen. Jüngst ist im Zusammenhang mit dem Karikaturen-Streit deutlich geworden: Die in Deutschland lebenden Muslime gehen in ihrer überwältigenden Mehrheit fundamentalistischen Islamisten nicht auf den Leim. Im Gegenteil haben die Muslime unter uns und ihre Verbände mit ihren besonnenen und friedlichen Reaktionen Verantwortungsbereitschaft gezeigt und den klaren Willen, sich nicht von aufgepeitschten Emotionen ihrer Heimatländer anstecken zu lassen,“ hob der Innensenator hervor.
Respekt und die Achtung auch vor anderen Religionen zu haben, sei wichtig für ein friedliches Zusammenleben, so Röwekamp weiter: „Andererseits erwarte ich aber auch ein klares Bekenntnis aller, die in unserer Gesellschaft leben wollen, zu unseren freiheitlich-demokratischen Grundwerten. Nicht zuletzt ist auch die Einbürgerungsfeier, die wir heute Nachmittag bereits zum zweiten Mal für unsere neuen Staatsbürger ausrichten, dafür ein lebendiges Zeichen.“

Daneben fordere die jüngste Entwicklung des Rechtsextremismus unsere volle Aufmerksamkeit. „Das Bremer LfV wird die Gefahren des Rechtsextremismus auch künftig weder verharmlosen noch überbewerten, sondern bewahrt einen realistischen Blick. Bislang erlangten Neonazis im Land Bremen eine kaum nennenswerte Bedeutung. Damit dies so bleibt, gilt es wachsam zu sein – beispielsweise dann, wenn rechtsextremistische Gruppen versuchen, ausländerfeindliche oder antisemitische Propaganda zu verbreiten. Insbesondere müssen wir unsere Kinder und Jugendlichen vor den Einflüssen sog. Skinhead- und Rechtsrock-Musik schützen“, forderte Bürgermeister Thomas Röwekamp.
In diesem Zusammenhang hob der Innensenator die gezielten Beschlagnahmeaktion in einer Bremer Privatwohnung mit über 300 Compactdiscs des Titels „Anpassung ist Feigheit - Lieder aus dem Untergrund“ im August 2005 hervor: „Der spektakuläre Fund unterstreicht, dass die rechtsextremistische Szene auch im Land Bremen verstärkt versucht, Jugendliche mit Musik als Einstiegsdroge dauerhaft zu ködern. Die Beschlagnahmeaktion hat gezeigt, dass Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz, aber auch Schulen und Jugendeinrichtungen, bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus sensibilisiert sind.“

Im Zusammenhang mit rechtsextremistischer Agitation fallen nicht selten auch Straftaten und Aktivitäten aus dem linksextremistischen Spektrum auf: „Es darf auch im Zusammenhang mit einzelnen spektakulären Themen nicht aus den Augen verloren werden, dass alle Extremismusbereiche mit den gebotenen und zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden müssen“, betonte Bürgermeister Thomas Röwekamp, „denn auch von Linksextremisten gehen nach wie vor Gefahren für den Staat oder die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger aus. So versuchen Linksextremisten und sog. Autonome immer wieder, Gewalt als Mittel der Politik einzusetzen, oder mit ihrer Agitation das öffentliche Meinungsbild zu beeinflussen.“ Zu beobachten sei hierbei, dass die Aktivität aus dem linksextremistischen Spektrum in der Öffentlichkeit leider nicht auf die gleiche Ablehnung stößt wie rechtsextreme Umtriebe.

Abschließend würdigte Bürgermeister Thomas Röwekamp das Verhalten couragierter Mitbürger, die nicht wegsehen bei extremistischen Umtrieben: „Unsere Landesverfassung, unser Grundgesetz und unseren demokratischen Rechtsstaat zu schützen ist nicht nur die Aufgabe staatlicher Behörden; jeder einzelne Bürger ist bei der geistig-politischen Auseinandersetzung mit den Gegnern der Demokratie gefordert.“ Als oberster Dienstherr dankte Innensenator Thomas Röwekamp den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden im Lande Bremen, insbesondere des Landesamtes für Verfassungsschutz und des polizeilichen Staatsschutzes: „Sie alle leisten mit ihrer engagierten Arbeit einen unverzichtbaren Beitrag zur Bekämpfung des politischen Extremismus und für unsere freiheitliche Grundordnung!“

Der vollständige Verfassungsschutzbericht 2005 ist als Download abrufbar unter www.bremen.de/innensenator