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Der Senator für Inneres und Sport

Dr. Kuno Böse: Zivil- und Katastrophenschutz in Deutschland braucht ein einheitliches Führungssystem

21.11.2002

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz fordert neues Bewußtsein für die notwendigen Vorsorgeeinrichtungen


Anläßlich der Einweihung der neuen Feuerwache in Bremen-West erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder und Bremer Senator für Inneres, Kultur und Sport , Dr. Kuno Böse: „Der Katastrophen- und Zivilschutz in Deutschland bedarf - auch angesichts der aktuellen Bedrohungslage durch terroristische Angriffe - dringender Reformen. In erster Linie ist es erforderlich, dass die Gefahrenabwehr im Großschadensfall oder bei Katastrophen unabhängig von den jeweiligen Gefahrenursachen, Risiken und Orten schnell und unter einheitlicher Führung funktioniert.“

Dr. Böse wies darauf hin, dass der Zivilschutz seit dem Ende des kalten Krieges einem politischen Sparzwang unterlag. Unter dem Postulat, dass zukünftig nur noch von punktuellen Schadenslagen und ausreichenden Vorlaufzeiten (beispielsweise anschwellendes Hochwasser) auszugehen ist, wurden zahlreiche Sondervorhaltungen und Planungen eingestellt. Ein Beispiel hierfür seien die früher flächendeckend montierten Alarmsirenen der Feuerwehren, die gleichzeitig dem Zivilschutz dienten. In den meisten Städten und Kreisen sind diese Anlagen aus Kostengründen abgeschafft worden.


Neues Bewußtsein für Zivil- und Katastrophenschutz

Die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA sowie danach in Indonesien und auf Bali haben jedoch eine neue Form der Bedrohung deutlich gemacht, die in kriegerische Dimensionen vorstößt. Insbesondere die bisherige Annahme, der Zivil- und Katastrophenschutz könne seine Gefahrenabwehr aufgrund einer hinreichend langen Vorwarnzeit nach Bedarf lageabhängig vorbereiten, lässt sich nur noch sehr eingeschränkt aufrechterhalten. Verschärft wird die Situation durch das hohe Maß an Verletzlichkeit der hochentwickelten und vernetzten Gesellschaft speziell im Hinblick auf vorsätzlich herbeigeführte finale zerstörerische Eingriffe in die Kommunikations- oder Versorgungsinfrastruktur.


Im Hinblick auf die kommende Innenministerkonferenz am 5. und 6. Dezember in Bremen appellierte Dr. Böse an seine Amtskollegen in den anderen Bundesländern und forderte ein neues Bewußtsein für die notwendigen Vorsorgeeinrichtungen des Zivil- und Katastrophenschutzes: „Das Gefahrenschutzsystem in der Bundesrepublik Deutschland muss von Grund auf einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Dabei muß sowohl die bisherige Trennung zwischen Zivilschutz und Katastrophenschutz überwunden werden, als auch die erforderliche Anpassung der Rechtsvorgaben erfolgen. Die Aufgabe der Gefahrenbekämpfung ist zukünftig von allen in Frage kommenden Stellen ganzheitlich wahrzunehmen. Planung und Durchführung der Gefahrenbekämpfung sind dabei grundsätzlich dreistufig aufzubauen und zu finanzieren, nämlich auf der kommunalen Ebene, der Ebene der Länder und des Bundes.“


Verbesserungen im Katastrophenschutz sind notwendig

Dr. Böse nannte einige Bereiche, in denen kurz- und mittelfristige Verbesserungen vordringlich zu realisieren sind: „Wir müssen bei länderübergreifenden Lagen ein bundesweit einheitliches Führungssystem schaffen, damit Rettungs- und Hilfskräfte aus den unterschiedlichen Organisationen - und oftmals auch aus verschiedenen Bundesländern - ohne Reibungsverluste für die Einsatzorte zur Verfügung gestellt werden können und miteinander arbeiten können, ohne dass in babylonischer Sprachenvielfalt landestypische Führungssysteme nebeneinander her existieren. Die Aufstellung ebenso interdisziplinär wie professionell besetzter mobiler Stäbe, die dem örtlich zuständigen Einsatzleiter zu seiner Unterstützung zur Verfügung gestellt werden können, kann hier Abhilfe schaffen.“


Große Probleme könnten auch im Bereich der Verletztenversorgung im Falle eines so genannten Massenanfalls von Verletzten entstehen. Dr. Böse forderte dazu auf, dem Bettenabbau in den Krankenhäusern seitens des Katastrophenschutzes kritisch zu beobachten und wenn nötig entgegenzuwirken. Auch auf die Bedrohung durch biologische Agenzien müsse reagiert werden. „Im Schulterschluss mit der Gesundheitsministerkonferenz sind insbesondere die Labordiagnostik und die Gesundheitsämter weiterzuentwickeln und der veränderten Bedrohung anzupassen. Zwischen Bund und Ländern muß ein Programm zur Anlage von Arzneimittelvorräten - wie Verbandstoffe, Sera und Impfstoffe - entwickelt und umgesetzt werden.“

Die Einführung des bundesweit einheitlichen Digitalfunks wäre ein weiterer wichtiger Schritt für den funktionsfähigen Gefahrenschutz, ebenso muß ein neues, flächendeckendes System zur Warnung und Information der Bevölkerung entwickelt und eingeführt werden. Die Selbsthilfe-Fähigkeit der Bevölkerung müsse hinsichtlich der neuen veränderten Bedrohungslagen gefordert und gefördert werden. Nur wenn es gelänge, die Gefahrenabwehr im Großschadenfall oder bei Katastrophen unabhängig von den jeweiligen Gefahrenursachen oder Risiken im Sinne eines einheitlichen Gefahrenschutz- bzw. Hilfeleistungssystems schutzzielorientiert im Einvernehmen des Bundes, der Länder und der kommunalen Ebene zu organisieren, sei die erforderliche Leistungsfähigkeit realisierbar, erklärte Dr. Böse abschließend.