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Gemeinsame Presseerklärung

Bremens Chancen in Karlsruhe nutzen, Argumente schärfen, Haushaltsnotlage schlüssig belegen

06.11.2006

Große Koalition steht einmütig zu Bremens Klagestrategie / Bis Februar 2007 soll ergänzender Schriftsatz durch Berliner Urteil aufgeworfene Fragen beantworten

Auf Grundlage einer vom Senator für Finanzen erarbeiteten Vorlage haben sich heute (6.11.2006) der Präsident des Senats, Bürgermeister Jens Böhrnsen, der Senator für Inneres und Sport, Bürgermeister Thomas Röwekamp, und Finanzsenator Dr. Ulrich Nußbaum in einem ausführlichen Gespräch auf die aus Bremer Sicht zu ziehenden Schlussfolgerungen aus dem Verfassungsgerichtsurteil zur Berliner Klage sowie auf die weiteren Schritte verständigt. In dem Gespräch, an dem auch die Fraktionsvorsitzenden sowie die haushaltspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen teilgenommen haben, herrschte Einmütigkeit, Bremens Klage fortzuführen. Beide Bürgermeister sowie der Senator für Finanzen waren sich auch einig, dass Bremen seine Argumente im Lichte des Berliner Urteils schärfen, durch ergänzende Fakten und Daten untermauern und in seinen weiteren Schriftsätzen zusätzlichen Kriterien des Verfassungsgerichts Rechnung tragen muss. Bis Februar 2007 - so die heutige Verabredung der beiden Bürgermeister und des Finanzsenators - wird Bremen daher in einem weiteren Schriftsatz auf die vom Verfassungsgericht aufgeworfenen Fragen antworten und Bremens extreme Haushaltnotlage auch vor dem Hintergrund zusätzlicher Maßstäbe des Verfassungsgerichts belegen.

„Nach dem Berliner Urteil ist klar, dass das Verfassungsgericht nach wie vor einen Hilfeanspruch von Ländern in extremer Haushaltslage anerkennt, diese Hilfe verfassungsrechtlich aber ausschließlich als ultima ratio für nötig und geboten hält. Damit sind die Hürden deutlich höher gelegt. Wir müssen deshalb überzeugend nachweisen, dass wir – auch wenn wir alle Möglichkeiten der Eigenanstrengung intensivieren – nicht mehr in der Lage sind, aus eigener Kraft unsere verfassungsrechtlich gebotenen Aufgaben zu erfüllen. Das Verfassungsgericht hat deutlich gemacht, dass dieser Nachweis eine Bringschuld Bremens ist. Dieser Aufgabe müssen und werden wir uns stellen. Ich bin überzeugt: Wir haben weiterhin gute Chancen, die Karlsruher Richter von unserem Anspruch auf Hilfe zu überzeugen“, erklärte Bürgermeister Jens Böhrnsen.

Bürgermeister Röwekamp unterstrich, dass Bremen sich neben dem Klageverfahren auch intensiv in die Verhandlungen zur Föderalismusreform II einbringen müsse: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enthält deutliche Fingerzeige, mit denen die Richter auf die primäre Verantwortung der Politik verweisen. Dies gilt nicht nur für die Schaffung gesetzlicher Präventionsmechanismen zur Verhinderung von Haushaltsnotlagen, sondern auch für eine umfassende Reform des Finanzausgleichssystems. Oberstes Ziel muss dabei die Sicherstellung einer aufgabengerechten Finanzausstattung Bremens sein. Da es im Bund genau wie in Bremen eine große Koalition gibt, sind wir in der glücklichen Situation, auf mehreren Kanälen mit der Bundesregierung, aber auch mit den anderen Ländern kommunizieren zu können. Diese Chance müssen wir nutzen.“

Finanzsenator Dr. Ulrich Nußbaum: „Das Urteil ist Mahnung und Auftrag zugleich, unseren konsequenten Konsolidierungskurs fortzusetzen. Strikte Haushaltsdisziplin ist und bleibt das Gebot der Stunde.“

Wesentlich Gesichtspunkte, den Bremer Anspruch auf Hilfe darzulegen, sind dabei vor allem:

  • Das Vorliegen einer extremen Haushaltsnotlage wird Bremen neben den Indikatoren der Zinssteuerquote und der Kreditfinanzierungsquote auch unter den Gesichtspunkten des Finanzierungsdefizits, des Schuldenstands und der Zinsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt mit transparenten Zahlen und Fakten belegen

  • Auch wenn Bremen bei den konsumtiven Primärausgaben schon heute das Niveau Hamburgs erreicht und den Vergleichswert Berlins deutlich unterschreitet, ist ein entsprechender Befund auf einzelne Ausgabenblöcke weiter herunter zu brechen. Abweichungen sind finanzpolitisch jeweils schlüssig zu begründen.

  • Das Bremer Niveau der Investitionen muss weiter ständig kontrolliert und das vorgesehene Tempo der Absenkung überprüft werden.

  • Vermögensveräußerungen und Möglichkeiten der Steuererhöhungen müssen unter finanz- aber auch gesamtpolitischen Gesichtspunkten geprüft und bewertet werden. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei die vom Verfassungsgericht selbst angesprochene Bilanz von möglichen Be- und Entlastungen (Saldo aus möglichen Zinseinsparungen und Einnahme-/Renditeverlusten). Zudem hat Bremen bereits in der Vergangenheit erhebliche Anstrengungen bei der Veräußerung von Vermögen unternommen.

  • Das Gericht gibt schließlich selbst deutliche Hinweise darauf, dass das das bestehende System des Finanzausgleichs zu Fehlanreizen und Ungerechtigkeiten führt und sieht grundsätzlichen politischen Reformbedarf. Bremen wird diese Hinweise im Rahmen der Föderalismusreform II nachdrücklich aufgreifen.