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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

"Herr Lindner hat getäuscht, verschleppt, falsch berichtet, Vertrauen und Befugnisse missbraucht"

19.09.2006

Sonderermittler Professor Hans-Jürgen Ziemann legt Untersuchungs-Ergebnisse vor

Zusammenfassung der Ergebnisse des Berichts

  1. Der fristlos entlassene, ehemalige kaufmännische Geschäftsführer der Klinikum Bremen-Ost (KBO) gGmbH, Andreas Lindner, hat - unter Ausnutzung der Befugnis, die Gesellschaft allein zu vertreten - durch eine Vielzahl von Handlungen seine Pflichten gravierend verletzt.
  2. Durch Nichtbeachtung, Verschleppung angeforderter und zugesagter Berichte und Falschberichterstattung hat er auch seine Verpflichtung zur Information und Berichterstattung gegenüber der gesamten Geschäftsführung des KBO, dem Aufsichtsrat und gegenüber dessen Vorsitzenden verletzt.
  3. An Versuchen der Kontrollinstanzen, wahrheitsgemäße Berichte über gerüchteweise bekannt gewordene Vorgänge von Herrn Lindner zu erhalten, hat es nicht gefehlt. Er hat sich allen Kontrollversuchen immer wieder durch Verschleppung oder Falschberichte entzogen. Er hat das ihm entgegen gebrachte Vertrauen ständig missbraucht, es aber über lange Zeiträume verstanden, dies vor seinen Gesprächspartnern und Kontrolleuren verborgen zu halten.
  4. Vom Bewerbungsverfahren an bis zur Vorbereitung der Aufsichtsratssitzung der KBO gGmbH am 5. Juli 2006 hat Herr Lindner über seine Person, über seine geschäftlichen Beziehungen, insbesondere zur Siekertalklinik Betriebs GmbH, und über seine Aktivitäten als Geschäftsführer getäuscht.
  5. Herr Lindner hat (...) seine Befugnis missbraucht und dadurch der KBO gGmbH beträchtlichen Schaden zugefügt und für sie darüber hinaus beträchtliche Schadensrisiken geschaffen.

Das sind fünf Kernsätze aus dem Endbericht von Professor Hans-Jürgen Ziemann zu den Ergebnissen der Untersuchung möglichen Fehlverhaltens von Andreas Lindner als kaufmännischer Geschäftsführer des Klinikums Bremen-Ost und über die Ausübung von Kontrollen.

Gesundheitssenatorin Karin Röpke hatte Professor Ziemann, ehemals Präsident des Bremer Finanzgerichts, am 3. Juli 2006 als Sonderermittler beauftragt, die klinikinternen Vorgänge um den Ex-Geschäftsführer aufzuklären. Professor Ziemann arbeitete unabhängig und weisungsungebunden.

Die bei seiner Untersuchung erkannten eventuell strafrechtlich relevanten Sachverhalte wurden zur weiteren Verfolgung an die dafür zuständige Staatsanwaltschaft weiter gegeben.

Im Einzelnen kommt der Sonderermittler zu den Ergebnissen, dass:

  • Herr Lindner bereits in seinem Bewerbungsverfahren wesentliche Tatsachen seines beruflichen Werdegangs verschwiegen hat, über die er hätte informieren müssen, so unter anderem über seine Verurteilung wegen versuchter Steuerhinterziehung.
  • Herr Lindner sowohl für die Verträge mit der Siekertalklinik Betriebs GmbH als auch für den Ankauf von 1000 Multi-Media-Geräten aufgrund des Gesellschaftsvertrages und seines Anstellungsvertrages Beschlüsse der gesamten Geschäftsführung des KBO hätte herbeiführen und die Zustimmung des Aufsichtsrates einholen müssen
  • ein Rechtsgrund für an die Siekertalklinik Betriebs GmbH geleistete Zahlungen fehlt
  • alle vertraglichen Vereinbarungen mit der Siekertalklinik Betriebs GmbH sich nur aus dem privatwirtschaftlichen Interesse von Herrn Lindner aufgrund seiner treugeberischen Beteiligung an der GmbH erklären lassen
  • der ehemalige Geschäftsführer der Gesundheit Nord gGmbH, Wolfgang Tissen, von beabsichtigten Vereinbarungen zwischen dem KBO und der Siekertalklinik gewusst hat
  • eine Reihe von Indizien dafür sprechen, dass Herr Tissen wusste, dass Herr Lindner der „eigentliche Eigentümer“ der Siekertalklinik Betriebs GmbH ist
  • auch mit Abschluss einer Reihe von Berater-/Gutachterverträgen Herr Lindner durchweg die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH verletzt hat
  • die vereinbarten Vergütungen für diese Gutachten bei Weitem die Marktpreise für solche Gutachten überschreiten
  • zwischen der S&P medconsult GmbH, als deren Alleingesellschafter Herr Dr. Schumacher im Handelsregister eingetragen ist, und dem KBO schon bald nach der Aufnahme der Geschäftsführer-Tätigkeit von Herrn Lindner vier Beraterverträge geschlossen wurden
  • der Kaufmann Dr. Schumacher die Beteiligung an der S& P GmbH - jedenfalls zum großen Teil – für Herrn Lindner hält.

Zu den Kontrollmöglichkeiten des Aufsichtsrates betont Professor Ziemann, dass das Gremium die „Aufgabe der Überwachung“ der Geschäftsführung habe. Ziemann: „Das darf allerdings nicht dahin verstanden werden, dass dem Aufsichtsrat eine vorgängige Anweisungs- und Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung eingeräumt wird.“ Der Aufsichtsrat sei nach der gesetzlichen Grundkonzeption ein Beratungs- und Kontrollorgan, das die Geschäftsführung (außer bei den Handlungen der Geschäftsführung, die dem Aufsichtsrat vorab zur Zustimmung vorgelegt werden müssen) in aller Regel nachträglich kontrolliert und berät.

Die Kontrolle der/einer gGmbH erfolge durch den Aufsichtsrat, sie obliege nicht einer "Aufsichtsbehörde", wie sie in der politischen und öffentlichen Diskussion für möglich gehalten werde.

Daran ändere auch nichts, dass der vom Senat als Aufsichtsratmitglied bestellte ehemalige Staatsrat Dr. Arnold Knigge im Hauptamt Stellvertreter von Senatorin Röpke gewesen ist. Seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der KBO gGmbH sei "eine davon unabhängige, nebenamtliche und im Rechtssinne gesellschaftliche Tätigkeit gewesen, die von seinem Hauptamt und von gesundheitspolitischen Entscheidungen und Richtigkeits-Vorstellungen zu trennen ist".

Zur Optimierung der Aufsicht rät Professor Ziemann, dass die Befugnis des kaufmännischen Geschäftsführers, die Gesellschaft allein zu vertreten, zukünftig entfallen und durch das „Vier-Augen-Prinzip“ ersetzt werden sollte.

Professor Ziemann empfiehlt neben der Einführung des „Vier-Augen-Prinzips“ auf der Geschäftsführer- Ebene des KBO, die strategischen und steuernden Aufgaben der Gesundheit Nord gGmbH als Holding der vier kommunalen Klinika zu optimieren, um fachliche, personelle, investive und organisatorische Maßnahmen der Verbundkliniken besser bündeln und aufeinander abstimmen zu können.

Seiner Auffassung nach sollte ein externes Gutachten eingeholt werden, um dafür objektive Handlungshilfen zu erhalten. Professor Ziemann: “Ich rate dazu, Möglichkeiten zu einer effektiveren zentralen Willensbildung, zur Bindung aller Gesellschaften des Konzerns an diese Willensbildung und zur Kontrolle der Umsetzung gutachterlich untersuchen zu lassen.“