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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Verein „Bremer Hilfe zur Selbsthilfe“ soll Konsequenzen aus seiner finanziellen Lage ziehen

02.10.2002

Sozialressort und Landesversicherungsanstalt (LVA) Oldenburg-Bremen:

Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales und die Landesversicherungsanstalt (LVA) Oldenburg-Bremen haben heute (2. Oktober 2002) den Verein „Bremer Hilfe zur Selbsthilfe“ aufgefordert, umgehend Konsequenzen aus seiner finanziellen Lage zu ziehen. Aufgrund von Unterlagen, die der Verein auf Anforderung geliefert hat, haben beide Kostenträger - LVA und Sozialressort – erhebliche Zweifel an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Vereins. Die vom Vorstand vorgelegte Kurzanalyse der wirtschaftlichen Verhält-nisse der Bremer Hilfe ist weder plausibel noch widerspruchsfrei. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass eine Überschuldung bereits jetzt vorliegt und Zahlungsunfähigkeit kurz be-vorsteht. Zudem ist eine ordnungsgemäße Geschäftsführung nach Auffassung des Ressorts und der LVA nicht gegeben, da ein Jahresabschluss 2001 fehlt und – wie die jetzt vorgelegten Zahlen zeigen - frühere Jahresabschlüsse nicht korrekt waren. Staatsrat Dr. Arnold Knigge: „Wir werden uns deshalb aus der Förderung zurückziehen und die Zuwendungen zum 15. Oktober 2002 einstellen.“


Die gemeinsamen Bemühungen des Sozialressorts und der LVA, die Projekte für suchtkranke Menschen der Bremer Hilfe zur Selbsthilfe e.V. auf eine eigene Gesellschaft der Therapiehilfe Hamburg e.V. in Bremen zu übertragen, haben bis jetzt trotz aller denkbaren Anstrengungen nicht zum Erfolg geführt. Dr. Knigge: „Der Vorstand des Bremer Vereins hat alles getan, um eine Übergabe zu verhindern. Wir müssen jetzt auf die notwendigen Konsequenzen dringen.“


Nach langen und zähen Verhandlungen – auch mit den Banken – waren zunächst Hürden dadurch überwunden worden, dass die Stadt Bremen bereit war, bestehende Bürgschaften für einen Kredit an die Therapiehilfe umzuwandeln. Mit dem Kredit wollte die Therapiehilfe Forderungen von Gläubigern der Bremer Hilfe ablösen und die Immobilien des Vereins ü-bernehmen.


Es wurde ein Gläubigerfonds von 75 000 Euro gebildet. Die Gläubiger AWO Bremerhaven, die Kramelheide GmbH und eine Privatperson waren jedoch nicht bereit, auf darüber hinausgehende Forderungen zu verzichten. In seinem jüngsten Schreiben hat der Vorstand des Bremer Vereins mitgeteilt, dass er sich nicht von den Immobilien trennen wolle und schlägt eine „Pachtlösung“ vor. Eine solche wird jedoch von der Therapiehilfe verworfen. Die Konstruktion eines Pachtmodells ist bereits zu Beginn der Übernahmediskussion abgelehnt worden; eine Entwicklung und Konkretisierung des Modells hat es seither nicht mehr gegeben. Unklar ist an diesem Modell vor allem, wie der hohe Sanierungsbedarf der Immobilien der Bremer Hilfe zur Selbsthilfe abgedeckt werden soll. Befürchtet wird auf Seiten der Therapiehilfe aber auch, dass im Falle eines Verzichtes auf den Ankauf der Immobilien die Möglichkeiten der Umstrukturierung und der Modernisierung des Unternehmens erschwert werden. Schließlich sind die konkreten Bedingungen des Pachtmodells und ihre finanziellen Auswirkungen völlig unbekannt.


Alle Beteiligten gehen nunmehr davon aus, dass die Bremer Hilfe zur Selbsthilfe e. V. die Insolvenz beantragen wird. „Dies ändert jedoch nichts an unserer Absicht, auch dann in einem geordneten Verfahren die Projekte an die Therapiehilfe zu übergeben“, so Dr. Knigge. Allerdings habe man dies nicht mehr allein in der Hand. Ziel sei es nach wie vor, den hohen Standard in der Versorgung suchtkranker Menschen zu sichern und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Zu den Projekten gehören unter anderen mehrere betreute Wohneinrichtungen in der Stadt Bremen sowie Therapie-Einrichtungen in Oyten und Loxstedt-Dühring mit insgesamt rund 90 pflegesatzfinanzierten Plätzen.



Zeitlicher Ablauf in Kürze:
Im April 2001 hatte auf Initiative des Ressorts ein erstes gemeinsames Gespräch zwischen Vertretern des Ressorts, der Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen (LVA), des Bremer Arbeitsamtes, der Bremer Aufbaubank und des Vereins „Bremer Hilfe zur Selbsthilfe“ sowie des Betriebsrats stattgefunden.


In diesem Gespräch erklärten die Vorstandsmitglieder des Vereins ihre Bereitschaft, die Einrichtungen und Projekte des Vereins in die Hände anderer Träger oder eines anderen Trägers zu geben. Damit sollte Schaden von den Menschen abgewendet werden, die der Verein betreut und beschäftigt, und die allseits anerkannte gute Arbeit in den Einrichtungen und Projekten in anderer Trägerschaft fortgesetzt werden.


Um diesen Prozess voranzubringen benannten die Kostenträger und der Verein jeweils einen neutralen Bevollmächtigten.


Im Juni 2001 fand ein Gespräch mit potenziell neuen Trägern über die Ausschreibung statt.


Im Juli und August 2001 lieferte der Verein „Bremer Hilfe zur Selbsthilfe“ Projektbeschreibungen für das Bieterverfahren, das am 15. November des vergangenen Jahres abgeschlossen wurde.


Am 26. November 2001 wurde als neuer Träger die Therapiehilfe Hamburg e.V. ausgewählt. Der Verein bietet bislang in Hamburg und Schleswig-Holstein seit 1974 professionelle Hilfe für Menschen mit Drogen- und Suchtproblemen an.


Am 21. März 2002 legte die Therapiehilfe ein Konzept für die Übernahme der Projekte der Bremer Hilfe zur Selbsthilfe e.V. vor. Nach einem Gespräch mit den Kostenträgern wurde am 30. Mai ein überarbeitetes Konzept eingereicht.


Zwischen 21. Juni 2002 und Ende Juli fanden weitere Gespräche zwischen Vertretern des Ressorts, der LVA, den Bevollmächtigten, der Therapiehilfe und der Sparkasse Bremen (zwischenzeitlich auch mit der Bank für Sozialwirtschaft) statt.


Ende Juli 2002 wurden die Gläubiger aufgefordert, bis 15. 8. 2002 dem Verteilungsvorschlag aus dem Gläubigerfonds zuzustimmen. Am 23. 8. wurde ihnen eine letzte Erklärungsfrist von einer Woche eingeräumt. Bis zum 12. 9. wurde dieser Gläubigerfonds jedoch entweder nicht angenommen oder abgelehnt.


Am 19.9. 2002 forderte Staatsrat Dr. Knigge in Abstimmung mit der LVA den Vorstand der Bremer Hilfe auf, bis 26. September 2002 den Nachweis zu erbringen, dass die Geschäftsführung ordnungsgemäß ist und die Versorgung der Patient/innen durch die wirtschaftliche Lage nicht beeinträchtigt ist.


Am 26. September 2002 reichte der Vorstand seine Unterlagen ein, die das Sozialressort und LVA nach einem weiteren Gespräch – auch mit dem Betriebsrat – jetzt zum Handeln veranlassten.