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Senatskanzlei

Investieren in die "Gerechtigkeitsinfrastruktur" einer Stadt

Ulrich Maly Gast bei den Bremer Rathausgesprächen

25.11.2014
Ulrich Maly (re.) zu Gast im Bremer Rathaus zum Thema Den sozialen Zusammenhalt sichern - eine Herausforderung für Großstädte
Ulrich Maly (re.) zu Gast im Bremer Rathaus zum Thema: Den sozialen Zusammenhalt sichern - eine Herausforderung für Großstädte

Die zehn am stärksten von Armut betroffenen Regionen Deutschlands sind ausschließlich Großstädte. So weist in einem jüngst erschienenen Ranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft die Stadt Köln mit 26 Prozent die höchste Armutsquote auf. Danach folgen vor allem Ruhrgebiets-Städte wie Duisburg, Dortmund und Gelsenkirchen sowie Teile Berlins. Unter den Top 10 sind neben Bremen aber auch Orte wie Frankfurt am Main oder Düsseldorf, von denen man es gemeinhin nicht vermuten würde. Während auf dem Land durchschnittlich 14 Prozent der Deutschen als arm gelten, sind es in den größeren Städten rund 22 Prozent. In Großstädten ballen sich also nicht nur Wirtschaftskraft und kulturelles Leben, sondern eben auch die Schattenseiten unserer Gesellschaft, wie höhere Arbeitslosigkeit oder Alters- und Kinderarmut.

Der Kaminsaal des Bremer Rathauses war am Montagabend (24.11.2014) gut gefüllt. Auf Einladung von Bürgermeister Jens Böhrnsen war der Nürnberger Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetages, Dr. Ulrich Maly, Gastredner im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Rathausgespräche". Maly sprach zum Thema "Den sozialen Zusammenhalt sichern - eine Herausforderung für Großstädte".

Bürgermeister Jens Böhrnsen stellte in dem Gespräch heraus: "Im Artikel 72 des Grundgesetzes ist von der ‚Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse‘ in Deutschland die Rede. Das gilt nicht nur zwischen Oberbayern und Ostfriesland, das gilt auch zwischen Oberneuland und Gröpelingen, um exemplarisch zwei Stadtteile für Bremen zu nennen. Für mich erwächst daraus nicht nur die Rechtfertigung, sondern sogar die Verpflichtung, die begrenzten finanziellen Ressourcen einer Stadt sozialräumlich dort konzentriert einzusetzen, wo die Not und die Benachteiligung der Menschen am größten ist. Und die Ressourcen eben nicht nach dem Gießkannenprinzip gleichmäßig über alle Stadtteile zu verteilen, was man auf den ersten Blick ja auch für gerecht halten könnte."

Gefragt nach den Möglichkeiten zur Gegensteuerung, über die eine Großstadt verfügt, antwortete Ulrich Maly: "Ich halte nichts davon, mit den bescheidenen Mitteln eines kommunalen Haushalts Ersatzvornahme zu leisten für Finanztransfers, für die eigentlich das Land oder der Bund zuständig sind. Auch wenn mir die Hartz-4-Sätze als zu niedrig erscheinen, ich kann sie nicht mit kommunalem Geld aufstocken. Ich kann aber kommunales Geld investieren in die ‚Gerechtigkeitsinfrastruktur‘ einer Stadt." Damit meine er Kindertagesstätten, Krippenplätze, Ganztagsschulen oder auch den öffentlichen Nahverkehr. Man könne, so Maly weiter, etwas gegen Kinderarmut tun, indem man für eine kostenfreie, nicht diskriminierende Teilhabe aller Kinder an Freizeitangeboten wie Sportvereinsmitgliedschaften, kulturellen Veranstaltungen oder Kursen der Musikschule sorge.

Dr. Ulrich Maly, Jahrgang 1960, hat Volkswirtschaftslehre studiert und verschiedene berufliche Stationen in der Kommunalpolitik und der Verwaltung seiner Heimatstadt Nürnberg durchlaufen. Er ist Oberbürgermeister von Nürnberg und seit 2013 Präsident des Deutschen Städtetages.