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Die Senatorin für Kinder und Bildung

Lemke diskutiert mit Studenten über Studienbedingungen und Gebühren

15.01.2004

Der Senator für Bildung und Wissenschaft, Willi Lemke, hat heute (15.01.2004) mit den Studenten der Universität Bremen über diverse hochschulpolitische Themen diskutiert. Folgende Positionen hat der Senator dabei vertreten bzw. vertreten wollen. Unabhängig vom Verlauf der Veranstaltung gilt für das nachstehende Rede-Manuskript das gesprochene Wort:


Bildung und Wissenschaft haben in Bremen oberste Priorität
Der AStA hat mich zu dieser Veranstaltung eingeladen und es war für mich keine Frage, dieser Einladung nachzukommen. Ich halte es für wichtig, dass wir miteinander darüber reden, wie Wissenschaft und Studienbedingungen heute und künftig zu gestalten sind. Es steht für mich außer Frage, dass Bildung und Wissenschaft in Deutschland absolute Priorität haben müssen. Bremen stellt sich dieser Herausforderung. Bremen finanziert den Wissenschaftsbereich und die Hochschulen - trotz der ganz schwierigen Finanzlage des Landes (5,6 Prozent Einsparungen bei den laufenden Mitteln in allen Ressorts) mit unverändert hoher Priorität! Während die anderen Ressorts zum Teil drastische Kürzungen hinnehmen müssen, konnte der Hochschulhaushalte sogar noch ein klein wenig gesteigert werden.
Der Gesamthaushalt für die Hochschulen in 2004 beträgt 173 Millionen Euro, in 2005 wird er auf 174,5 Millionen Euro ansteigen. Gegenüber dem Jahr 2002 (166 Mio. Euro) bedeutet das eine Steigerung von mehr als 5 Prozent. Bremen wendet - auch im Vergleich zu seiner Wirtschaftskraft - für Wissenschaft mehr auf als im Bundesdurchschnitt.


Verwaltungsgebühren
In allen anderen Bereichen unserer Gesellschaft müssen wir zum Teil drastisch kürzen, wir fordern Opfer von den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Vor diesem Hintergrund halte ich eine Verwaltungsgebühr, die 8,33 Euro im Monat ausmacht, für zumutbar. Die Verwaltungsgebühren, deren Höhe von den Hochschulen ermittelt wurde, gehen direkt in den Haushalt der Hochschulen ein.
Durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März letzten Jahres ist klar:
Diese Gebühren bieten kein Einfallstor für spätere Erhöhungen: Die erhobenen Beiträge müssen durch tatsächlich entstehende Kosten an den Hochschulen nachgewiesen werden. Wenn andere Länder, auch solche, die Bremen mitfinanzieren, Verwaltungsgebühren erheben, können wir nicht so tun als hätten wir das Geld nicht nötig. Die Länder Niedersachsen, Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg und Hessen erheben Verwaltungsgebühren von in der Regel 50 Euro.
Ausgenommen werden sollen längerfristig Beurlaubte (mehr als 1 Semester), an einer anderen Hochschule Zahlungspflichtige, Ausländer, wenn aufgrund von Abkommen Abgabefreiheit zugesichert ist.


Keine Studiengebühren
Wir Sozialdemokraten sind nach wie vor gegen Studiengebühren für das Erststudium. Wenn wir die Gebührenfreiheit für das grundständige Studium beibehalten wollen, müssen wir zeigen, dass wir auch ohne generelle Gebühren und ohne soziale Selektion die Studienqualität, die Absolventenzahlen und die Erfolgsdaten merklich verbessern können. Die Hochschulen müssen ein Maßnahmenprogramm zur Verbesserung von Studium und Lehre und interne Instrumente zur Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung in Angriff nehmen.
Das Studienkontengesetz ist dafür ein notwendiger, aber nicht ausreichender Schritt.


Studienkonten
Wir wollen ein Studienkontengesetz einführen, das ein deutliches Signal für die Hochschulen setzt, die Verbesserung von Studienorganisation und Studienabläufen entscheidend voranzutreiben. Die hohe Zahl von Studierenden, die 16, 20 oder noch mehr Semester eingeschrieben sind, muss deutlich verringert werden. Senken möchte ich den viel zu hohen Anteil von Studierenden, die ihr Studium ganz abbrechen (z.Z. ca. 30 Prozent) oder erst sehr spät ihren Studiengang wechseln. Allen Studierenden wird ein Studienguthaben zur Verfügung gestellt, das im Ergebnis 15 Semester umfasst. Dieser Zeitraum bleibt gebührenfrei. Er liegt deutlich über den durchschnittlichen Regelstudienzeiten der Universität von 9 Semestern - auch über dem, was in anderen Ländern mit Studienkonten- und Studiengebührenregelungen kostenfrei bleibt (Regelstudienzeit plus 4 Semester). Nicht verbrauchte Studienguthaben können später für sonst gebührenpflichtige Studien eingesetzt werden, nämlich für wissenschaftliche Weiterbildung oder ein - beruflich nicht erforderliches - Zweitstudium. (Während in Niedersachsen z.B. die wissenschaftliche Weiterbildung nicht kostenfrei ist.)Studienzeiten, die erforderlich sind, um eine Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben, werden - anders als in den meisten anderen Ländern - nicht vom Studienguthaben abgezogen.
Auch nach dem Verbrauch des Studienguthabens sind Ausnahmen von der Zahlungspflicht vorgesehen, z.B.:

  • für Studierende mit Kindern,
  • für in Hochschulgremien engagierte Studenten
  • und für Studierende, die einen Teil ihres Studiums im Ausland absolvieren.

Härtefallregelungen verhindern, dass Behinderte und Kranke, und vor dem Abschluss stehende Studenten aus finanziellen Gründen ihr Studium abbrechen müssen. Das Gesetz wird nur befristet gelten: für 5 Jahre. Wenn die Modularisierung der Studiengänge und die Belegung der Module mit credit points an den bremischen Hochschulen abgeschlossen ist, soll eine am individuellen Studienverhalten orientierte Regelung nach den Vorstellungen der Universität eingeführt werden.


Verbesserung der Studienbedingungen
Eine ganz wichtige Aufgabe ist die Verbesserung der Studienbedingungen. Dazu müssen vor allem die Studienabläufe und die Organisation der Lehrveranstaltungen deutlich verbessert werden. Wir werden mit den Rektoraten bei den in diesem Frühjahr abzuschließenden Hochschulkontrakten Ziele über die Verbesserung der Lehrqualität, der Studienberatung und Studienabläufe vereinbaren, und zwar mit hoher Priorität. Dazu gehört eine professionelle Studienberatung durch alle Angehörigen des Lehrkörpers und die Fachbereiche. Dazu gehört auch ein neues Betreuungskonzept für die Studierenden, das dem Informations- und Orientierungsbedarf gerade in den großen Studienfächern Rechnung trägt. Dazu gehört auch, die interne Raumplanung und die zeitliche Einordnung der Lehrveranstaltungen so zu gestalten, dass die Lehre nicht durch überfüllte Räume blockiert wird. Dies ist in erster Linie Aufgabe der Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie. Beteiligen Sie sich an diesen Beratungen, denn es geht vor allem auch um Sie, es geht um eine Verbesserung Ihrer Studienbedingungen.


Elitehochschulen/ Spitzenleistungen
Die jetzt angestoßene Debatte über Elitehochschulen hilft uns vor dem Hintergrund leerer Kassen und gekürzter Mittel im Bundesministerium für Bildung und Forschung nicht weiter. Unser Problem in Deutschland ist, dass diese Gesellschaft deutlich mehr Qualifikation in der Breite benötigt. Es nützt uns überhaupt nichts, wenn wir ein paar tausend Überflieger erzeugen und der Rest würde immer schlechter ausgebildet. Das würde diese Gesellschaft, die auf Wissen und hohe Qualifikation angewiesen ist, in den Ruin treiben. Aber wir brauchen auch Spitzenkräfte, auch in Bremen. Spitzenkräfte steigern das Renommee einer Hochschule, das wiederum macht sie attraktiv für Hochschullehrer und Studenten und für Drittmittelgeber. Es liegt auf der Hand, dass eine qualitativ hochstehende Universität auch die Ausbildung in der Breite verbessert. Wenn der Bund künftig Mittel für Spitzenforschung bereit stellt, werden wir uns natürlich darum bewerben. Unsere eigenen Anstrengungen gelten aber eine breiten Forschung und Lehre in guter Qualität.