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Donnerstag 125. Ausgabe des "Bremer Tagebuchs" der Landesbildstelle

29.11.2002

Der Fruchthandel der Atlanta AG in Bremen

Am Donnerstag (5.12.2002) um 20 Uhr schlägt die Landesbildstelle Bremen, Uhlandstraße 53, ihr „Bremer Tagebuch“ zum 125. Mal auf. Im Mittelpunkt dieser Jubiläums-Ausgabe steht der Fruchthandel der Atlanta AG in Bremen. Eingeladen wurde der Aufsichtsratvorsitzende der Atlanta AG in Bremen, Prof. Dr. h.c. Bernd-Artin Wessels. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert hat sich Bernd-Artin Wessels für die Expansion der Scipio-Atlanta-Gruppe eingesetzt und in zahlreichen Führungspositionen des Fruchtkonzerns gearbeitet. Wessels hat freundlicherweise den Festvortrag anlässlich der 125. Jubiläumsausgabe des „Bremer Tagebuchs“ übernommen und spricht über das Thema „Fit für die Zukunft durch weltweiten Handel“.


Im Geschäftsjahr 1999/2000 erwirtschafteten 1750 Beschäftigte der Atlanta AG weltweit einen Umsatz von ca. 3,63 Milliarden DM. Vom Anbau bis zum Verkauf legt die Atlanta-Gruppe großen Wert auf Marken- und Qualitätskontinuität und führt führende Fruchtmarken wie zum Beispiel Chiquita, Dole, Jaffa, Maroc, Cape , Outspan usw. in ihrem Sortiment. Die Atlanta AG bezieht über 200 Produkte aus 123 Ländern der Erde und unterhält Niederlassungen in den Niederlanden, Spanien, Italien, Österreich, Russland, Weissrussland, der Ukraine, Rumänien, Polen, Bulgarien, der Tschechischen Republik, Ungarn usw.


In ihrer hundertjährigen Geschichte hat sich die Atlanta-Gruppe zu einem führenden Fruchthandelsunternehmen in Europa entwickelt. Heute bemüht sich das Unternehmen darum, diesen Handel einschließlich Import, Logistik, Distribution und zahlreichen Serviceleistungen zusätzlich auch im Internet anzubieten ( Vgl. www.atlanta.de )


Um die Jahrhundertwende waren Südfrüchte in Deutschland kaum bekannt. Deshalb gründete Gustav Scipio am 24. Juni 1902 zusammen mit 58 Gesellschaftern die Fruchthandel Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft gehörten namhafte Bremer Kaufleute wie zum Beispiel Franz Schütte, Carl Schütte, Dr. Heinrich Wiegand , Lambert Leisewitz, Christian Heinrich Wätjen, Caspar Kulenkampff, Heinrich Kulenkampff, Alfred Lohmann usw. Dabei dachten diese Kaufleute vor allem an die Expansion des Handels und der Schifffahrt durch einen neuen Südfruchtmarkt in Bremen.


Im ersten Geschäftsjahr 1902/03 wurden 22 Auktionen durchgeführt. Spanische Orangen, Weintrauben, Tomaten und italienische Zitronen wurden zum Beispiel ebenso versteigert wie algerische Kartoffeln und ägyptische Zwiebeln. Der Bremer Senat erhob ein Prozent Auktionsgebühr und verlangte seit 1895 eine Weser-Schifffahrtsabgabe in Höhe von 0,60 Reichsmark pro Tonne für die Ausgaben der Weserkorrektion.


Nur sieben Jahre später gründete Gustav Scipio die Jamaica Bananen-Import-Gesellschaft mbH als Schwesterfirma der Fruchthandel Gesellschaft. Die importierten Bananen aus Westindien kamen beim Verbraucher gut an und entwickelten sich schnell vom seltenen Luxusgut zu einem Konsumartikel. Innerhalb von 30 Tagen mussten die geernteten grünen Bananen von der Plantage bis zum Verbraucher transportiert werden, um dann mit goldgelber Schale und grüner Spitze verzehrt zu werden.


Der Umschlag von Bananen stieg von 7465 Büschel (2823 Doppelzentner) im Geschäftsjahr 1908/09 auf 60.096 Büschel im Jahre 1909/10, wobei sich der Anteil der kanarischen Bananen von 100 Prozent auf 33 Prozent reduzierte. In den Folgejahren stiegen die Einfuhren kontinuierlich um jährlich ca. 50.000 Büschel und damit waren die Gesellschafter sehr zufrieden. Vor dem Ersten Weltkrieg lag der Pro-Kopf-Verbrauch an Bananen in Deutschland bei 0,6 Kilogramm.


Im „Dritten Reich“ rief der Reichsverband des deutschen Gartenbaus öffentlich zum Boykott ausländischer Früchte auf und im April 1935 folgte ein generelles Importverbot für westindische Bananen, das später aber wieder gelockert wurde. Dagegen konnten afrikanische Bananen aus dem ehemaligen deutschen Mandatsgebiet Kamerun weiterhin uneingeschränkt eingeführt werden. Dennoch ging es dem Bremer Fruchthandel in der Zeit des Nationalsozialismus nicht gut. Mit Devisenkontingenten wurde der Import von Südfrüchten begrenzt und der spanische Bürgerkrieg führte zu weiteren Importausfällen.


Wie das Markenzeichen „1 x 1“ entstand

In dieser Zeit entstand das Markenzeichen „1x1“. Bremer Fruchtimporteure solidarisierten sich mit den spanischen Obstbauern in Valencia und spendeten von jeder verladenen Kiste Obst 0,10 Reichsmark für Schulen, deren Schüler im ersten Schuljahr das kleine Einmaleins lernten. Heute steht das Markenzeichen „1x1“ der Atlanta AG für ein breites Sortiment und beste Qualität.


Am 1.Januar 1970 wurden die Unternehmen Harder, Meiser & Co.(Hameico) in Bremen und Olff, Köpke & Co. (Olfko) in Hamburg zur Scipio Fruchtvertrieb KG zusammen gefaßt. Das Bremer Unternehmen Hameico verfügte über 42 Nieder-lassungen und die Hamburger agierten mit 26 Filialen am Markt. Beide Unternehmen waren als Fruchtimporteure und Großhändler tätig und versorgten die Verbraucher im Bundesgebiet und in West-Berlin mit Obst, Gemüse und Südfrüchten. Bei der Fusion blieben die Standorte der 68 Filialen erhalten und erhielten lediglich den Zusatz „Zweigniederlassung der Scipio Fruchtvertrieb KG“.


Mitte der siebziger Jahre verspeiste jeder Bundesbürger 11 Kilogramm Bananen im Jahr. Chiquita-Bananen erzielten rund zehn Prozent des Obst- und Gemüseumsatzes und wurden im sog. Banatainer, d.h. wie Büschel am Haken hängend, zum Verkauf angeboten. Durch den Werbeslogan „Nenn` nie eine Chiquita nur Banane“ war diese Marke zehn Jahre nach ihrer Markteinführung im Jahre 1967 fast jedem Bundesbürger bekannt. Damals wurde jede Chiquita und jede vierte Dole-Banane via Bremen importiert.


Die Scipio-Gruppe besaß fünf schnelle Kühlschiffe, die zum Beispiel in zehn Tagen Bananen konstant auf 13 Grad gekühlt aus den Tropen nach Bremerhaven transportierten. Für die Fahrt von Südafrika nach Bremerhaven benötigten sie zehn, vom östlichen Mittelmeer sieben und vom westlichen Mittelmeer vier Tage. Der dramatische Verfall der Frachtraten infolge des Embargos erdölexportierender Länder und steigende Personalkosten veranlaßten das Unternehmen, sich von der weißen Flotte wieder zu trennen. Im Jahre 1981 wurden die letzten beiden Kühlschiffe verkauft und die „Atlanta“ Handels- und Schiffahrtsgesellschaft mbH übernahm die Beschaffung von Kühlschifftonnage.


Im Laufe der siebziger Jahre kamen durch die Atlanta AG immer mehr Spezialitäten und Exoten auf den deutschen Markt und vergrößerten die Vielfalt des Angebots an Obst, Gemüse und Südfrüchten. Grapefruit aus Südafrika, Melonen aus Senegal, Kiwi aus Neuseeland, Cranberrys und Eisbergsalat aus den USA usw. sind bekannte Beispiele dafür. Die Einfuhr exotischer Früchte wurde durch den Abbau von Zollschranken, der in einem Handelsabkommen zwischen der Europäischen Gemein-schaft und 46 Entwicklungsländern aus Afrika, der Karibik und am Pazifik (AKP-Staaten) vereinbart wurde, erleichtert.


Als das Fruchtgeschäft Mitte der achtziger Jahre aufgrund der schwankenden Konjunktur und der niedrigen Preise, die durch ein Überangebot und einen günstigen Dollarkurs bedingt waren, stagnierte, musste umgesteuert werden.Im Jahre 1988 wurde die Atlanta Beteiligungs-Aktiengesellschaft gegründet und zwei Jahre später die heutige Atlanta AG, die ist eine hundertprozentige Tochter der Scipio GmbH & Co.ist.


Den Vorstandsvorsitz der Atlanta AG übernahm Bernd-Artin Wessels, der seit dem 1.1.1981 persönlich haftender Gesellschafter und seit 1987 Sprecher der Geschäftsführung der Scipio-Gruppe war. Ziel der Atlanta AG war die Förderung der horizontalen und vertikalen Integration zur Schaffung einer sich selbst tragenden Unternehmensstruktur. Um die Fruchtaktivitäten auf die Atlanta AG zu konzentrieren, wurden gleichzeitig einige Tochtergesellschaften der Scipio GmbH & Co. in die neue Aktiengesellschaft integriert. Zusätzlich wurde ein Regionalisierungsprogramm durchgeführt, in dem fünf bis acht Niederlassungen zu einer Regionalgesellschaft in Form einer GmbH mit Sitz in Bremen, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München zusammen gefasst wurden.


Im Jahre 1988/89 sank die Zahl der Beschäftigten im Inlandsgeschäft von 2255 Mitarbeiter auf knapp 2000 Mitarbeiter im Folgejahr 1989/2000, davon arbeiteten 128 Beschäftigte bei der Bremer Scipio GmbH & Co. gegenüber 452 im Vorjahr. Doch dann kam die Wiedervereinigung und die Banane wurde ihr Symbol. Sie eroberte den ostdeutschen Markt und avancierte zum wichtigsten Handelsprodukt der Atlanta AG in den neuen Bundesländern.


Mengen- und wertmäßig erzielte der Absatz von Bananen einen neuen Höchststand und jeder Deutsche verzehrte rund 14 Kilogramm Bananen und zusätzlich 9 Kilogramm Apfelsinen. Mit einer Steigerung von mehr als 20 Prozent überschritt der

Umsatz der Atlanta AG die Zwei-Milliarden-Grenzen im Geschäftsjahr 1990/91.


In den neunziger Jahren expandierte die Atlanta-Gruppe vor allem in Osteuropa und gründete dort zahlreiche Niederlassungen. Heute ist das Unternehmen als Marktführer für täglich frisches Obst und Gemüse von Portugal bis zum Ural in zunehmendem Maße global orientiert.


In Zusammenarbeit mit der Atlanta AG und der Wittheit zu Bremen veranstaltet das „Bremer Tagebuch“ erstmals öffentlich einen Film- und Vortragsabend über den Fruchthandel der Atlanta AG in Bremen. Programmfolge:


„Bremer Tagebuch“ – Hundertfünfundzwanzig Mal umgeblättert
Eine kurze Einführung von Heiko Gertzen



„Fit für die Zukunft durch weltweiten Handel“
Ein Vortrag mit Lichtbildern von Prof. Dr. h.c. Bernd-Artin Wessels


„Chiquita – Mehr Banane geht nicht“
Ein besonderes Filmprogramm


Alle Interessierten sind herzlich in die Landesbildstelle Bremen eingeladen. Das Programm dauert ca.70 Minuten.

Der Eintritt ist frei. Platzreservierungen sind unter Telefon 361-3503 erforderlich.