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Senatskanzlei

Der Deutsche Sonderweg? Vortrag zum Ersten Weltkrieg

Prof. Dr. Roger Chickering über die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts

07.05.2014

Im Jahr 1914 begann der Erste Weltkrieg, der alle vorherigen Dimensionen militärischer Auseinandersetzungen sprengte und weltweit rund 17 Millionen Menschen das Leben kostete. Zum 100. Jahrestag des Kriegsanfangs finden in 2014 viele Veranstaltungen statt, um an dieses historisch bedeutsame und traumatische Ereignis zu erinnern. Zu einer dieser Gedenkveranstaltungen begrüßte Thomas Köcher, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, am 06. Mai 2014 zahlreiche Gäste in der Oberen Halle des Bremer Rathauses. Der amerikanische Historiker Prof. Dr. Roger Chickering hielt vor den interessierten Zuhörern einen Vortrag mit dem Titel "Der sonderbare Krieg des Deutschen Kaiserreichs 1914-1918".

Blick in die gut besetzte Obere Rathaushalle: Zahlreiche Gäste lauschten dem Vortrag von Prof. Dr. Roger Chickering
Blick in die gut besetzte Obere Rathaushalle: Zahlreiche Gäste lauschten dem Vortrag von Prof. Dr. Roger Chickering

Professor Chickering ging in seinem Vortrag der Frage nach, ob die deutsche Erfahrung des Ersten Weltkrieges tatsächlich sonderbar oder einzigartig war, wie es Verfechter der These vom deutschen Sonderweg darstellen. In einem anschaulichen Vergleich mit den europäischen Nachbarn Großbritannien und Frankreich erläuterte Roger Chickering, dass der deutsche Weg im Ersten Weltkrieg vor allem von einer schlecht funktionierenden Bürokratie und einer inneren politischen Gespaltenheit gekennzeichnet war. Die Lebensmittelknappheit, mit der ein überforderter und vollständig auf den Krieg fokussierter Staatsapparat nicht umzugehen wusste, wurde allen Deutschen zum Verhängnis. Durch den Krieg gegen Handelspartner und die Sperrung der Seewege war Deutschland abgeschnitten von jeglichen Einfuhren, was "umfassende und unheilvolle Ergebnisse" nach sich zog, erläuterte Chickering.

Im weiteren Verlauf beleuchtete der Historiker, wie sich die Lage des deutschen Kaiserreiches auf den militärischen Verlauf des Krieges und die politischen Entwicklungen in Deutschland nach dem Krieg ausgewirkt hat. Chickering formulierte die These, dass die Deutschen den Krieg schon in den ersten Wochen verloren. Durch das Scheitern des Schlieffen-Plans, der die militärische Strategie des Deutschen Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg bestimmte, fand sich Deutschland in aussichtsloser Lage gegen eine Allianz von Großmächten wieder, begründete der Historiker. Thomas Köcher bedankte sich bei Prof. Dr. Chickering für den informativen und tiefgreifenden Vortrag, der einen spannenden wissenschaftlichen Einblick in die deutsche Situation im Ersten Weltkrieg bot.

Die Veranstaltung wurde von der Landeszentrale für politische Bildung Bremen, der Stiftung "die schwelle" und dem Institut für Geschichte der Universität Bremen organisiert. Redner Roger Chickering ist Professor Emeritus für Geschichte im Center for German and European Studies an der Georgetown University in Washington DC. Er ist der Stadt und der Universität Bremen seit Langem verbunden. Weiter Informationen zur Veranstaltungsreihe 100 Jahre Erster Weltkrieg gibt es bei der Landeszentrale für politische Bildung unter www.lzpb-bremen.de.

Foto: Senatspressestelle