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Senatskanzlei

Senat bereitet gemeinsame Kabinettssitzung mit dem Saarland vor und beschließt Klage vor dem Bundesverfassungsgericht

16.08.2005

Aus der heutigen Senatssitzung (16.8.2005):

Die Freie Hansestadt Bremen hat während der Sanierung von 1994 bis 2004 sämtliche Sanierungsauflagen in allen Punkten erfüllt und konsequente Anstrengungen zur Begrenzung ihrer Ausgaben unternommen. Dabei hat Bremen nicht nur mehr als die geforderten Sanierungsbeiträge geleistet, sondern sich darüber hinaus bemüht, den während des Sanierungszeitraums eingetretenen massiven und unerwarteten Einnahmeausfällen entgegenzuwirken.


Gleichwohl sind die steuerabhängigen Einnahmen (Steuern, Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen) bundesweit seit 1994 nur mäßig gewachsen. Insofern sind alle Länder von dieser negativen Entwicklung betroffen. In Bremen ist die Entwicklung der steuerabhängigen Einnahmen aber noch weit ungünstiger als im Bundesdurchschnitt und als im Durchschnitt der westdeutschen Länder ausgefallen. Bremen hat als einziges unter den Ländern heute weniger steuerabhängige Einnahmen als 1993. In dieser Fehlentwicklung ist eine wesentliche Ursache dafür zu sehen, dass Bremen im Jahr 2005 und weit darüber hinaus eine erhebliche Überschreitung der in der jeweiligen Landesverfassung festgeschriebenen Kreditobergrenze hinnehmen muss.


Angesichts dieser Ausgangslage haben der Senat der Freien Hansestadt Bremen und das Kabinett des Saarlands (das die von ihm gesetzten eigenen Sanierungsziele bislang aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen ebenfalls nicht abschließend erreichen konnte) beschlossen, ihre Situation auf einer gemeinsamen Kabinettssitzung am 23. August 2005 zu beraten und ihr gemeinsames Interesse an einer Klärung und Verbesserung der Lage der Haushaltsnotlagenländer gegenüber der Ländergesamtheit und dem Bund deutlich zu machen.



Vor diesem Hintergrund hat der Senat in seiner heutigen (16.8.2004) Sitzung den bisherigen Sachstand der Verhandlungen mit dem Bund und anderen Ländern zur Überwindung der Haushaltsnotlage beraten sowie die Vorbereitungen des Senators für Finanzen und der Senatskanzlei für eine beabsichtigte erneute Klage Bremens vor dem Bundesverfassungsgericht zur Kenntnis genommen.



Die Tatsache der trotz aller Anstrengungen weiter bestehenden extremen Haushaltsnotlage ist von Bremen bei der Vorstellung des Abschlussberichts zur Sanierung am 30. Juni 2005 dem Finanzplanungsrat vorgetragen worden.


Der dort deshalb ausgesprochenen Bitte um weitere Verhandlungen und Beratungen mit Vertretern aus Bund und Ländern, ggf. auch im Rahmen einer Arbeitsgruppe, wurde nicht entsprochen.



Vor diesem Hintergrund hat der Senat den Senator für Finanzen und den Chef der Senatskanzlei heute gebeten, die Verhandlungen mit Bund und Ländern über die notwendige Fortführung von Sanierungshilfen nunmehr auch formell abzuschließen. Dieser formelle Abschluss ist die erforderliche Grundlage für eine erneute Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Einreichung einer solchen Klage in Form eines abstrakten Normenkontrollantrages hat der Senat heute mit der Zielsetzung beschlossen, den Anspruch der Freien Hansestadt aufgrund der fortbestehenden extremen Haushaltsnotlage auf weitere Sanierungshilfen und auf eine stadtstaatengemäße aufgabengerechte Finanzausstattung höchstrichterlich feststellen zu lassen.



Als Prozessvertreter bestellt der Senat Prof. Dr. Hellermann von der Universität Bielefeld.



Die Bremer Klage soll, nach Abschluss der dafür noch erforderlichen Vorbereitungen und zeitlich unabhängig vom Abschluss der Berliner Klage, nach Vorlage der noch ausstehenden Gutachten eingereicht werden.



Zur Vorbereitung der Klage hat der Senat insgesamt fünf wissenschaftliche Gutachten in Auftrag gegeben:



1. Themenfeld: Finanzwirtschaftliche Ableitung einer stadtstaatengerechten (Einnahme-) Finanzausstattung, insbesondere Überprüfung/ Weiterentwicklung der bisherigen Ansätze zur Ableitung und Begründung der Einwohnerwertung der Stadtstaaten. Herleitung von Ausgabenuntergrenzen (Vergleichsmaßstab: Ausstattung anderer Länder).




2. Themenfeld: Überforderung finanzschwacher Länder durch die geltende Aufgaben- und Lastenverteilung? Haushaltsnotlagen beruhen zum Teil auf diesen Überforderungen. Ermittlung der bremischen überdurchschnittlichen Ausgabenbelastung. Konsequenz: Lastentragungsregeln und Finanzausgleichsregelungen müssen entsprechend geändert werden, um die Stabilität der bundesstaatlichen Ordnung auch in Zukunft noch zu gewährleisten.




3. Themenfeld: Finanzpolitik und wirtschaftliche Entwicklung Bremens während der zweiten Sanierungsphase (1998 – 2003/2004). Hat Bremen hat alle Sanierungsauflagen erfüllt ? Welche Anforderungen ergeben sich für künftige Sanierungsauflagen ?






4. Themenfeld: Verfassungsrechtliche Überprüfung zu den Voraussetzungen, dem Ausmaß und der Art und Weise der Einschränkung der Haushaltsautonomie eines Bundeslandes im Falle einer extremen Haushaltsnotlage.






5. Themenfeld: Landesautonomie ( unter besonderer Berücksichtigung der Stadtstaaten) erfordert aufgabengerechte Finanzausstattung. Hilfeleistungspflicht von Bund und Ländern zur Überwindung von extremen Haushaltsnotlagen unter Einbeziehung von Aspekten aus Art. 79 GG und Art. 104 EGV (Europarechtliche Vorgaben für eine aufgabengerechte Finanzausstattung).