Sie sind hier:

Der Senator für Finanzen | Senatskanzlei

"Bremen nimmt Klage selbstbewusst an"

17.09.2013
Bürgermeister Jens Böhrnsen, Prof. Dr. Joachim Wieland und Bürgermeisterin Karoline Linnert
Bürgermeister Jens Böhrnsen, Prof. Dr. Joachim Wieland und Bürgermeisterin Karoline Linnert

Der Senat hat in seiner heutigen (17.09.2013) Sitzung Prof. Dr. Joachim Wieland zum Prozessbevollmächtigten im Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht zum Länderfinanzausgleich bestellt. Bürgermeister Jens Böhrnsen: "Wir nehmen die Klage aus Hessen und Bayern selbstbewusst an, auch wenn sie in Wirklichkeit nur aus Wahlkampfgründen angestrengt wurde. Der Prozess und die Beratungen zwischen den Ländern und mit dem Bund müssen jetzt genutzt werden, um die Weichen für gerechte Bund-Länder-Finanzbeziehungen herzustellen. Mit Professor Wieland haben wir dabei einen der profiliertesten Fachleute an unserer Seite." Bürgermeisterin Karoline Linnert fügt hinzu. "Wir haben gute Argumente und werden sie offensiv vorbringen. Die Kläger ignorieren die bisherige Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts und verabschieden sich vom Solidarprinzip."

Prof. Dr. Joachim Wieland hat heute dem Senat einen ersten Überblick über die Strategie Bremens in der Auseinandersetzung mit der Klage gegeben.
"Anders als Hessen und Bayern steht Bremen zum bundesstaatlichen Solidarprinzip und kooperativen Föderalismus. Der Finanzausgleich soll gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland sichern. Eine "Übernivellierung" findet im bestehenden Finanzausgleich nicht statt. Ein Land, das vor dem LFA finanzstark und an der Spitze war, bleibt es auch hinterher."

Bremen wird sich weiter dafür einsetzen, dass die besonderen Belastungen der Stadtstaaten ausreichend berücksichtigt werden. Die vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich anerkannte strukturelle Andersartigkeit der Stadtstaaten wird durch die Einwohnerwertung gegenüber den Flächenländern zum Ausdruck gebracht. Bislang beträgt die Einwohnerwertung der Stadtstaaten 135%. Um den tatsächlichen Bedarf abzubilden, wird sich Bremen für eine Erhöhung der Einwohnerwertung stark machen.

Bremen erwartet eine angemessene Beteiligung von Bund (und Ländern) an den Hafenlasten. Die Investitionshilfen für die Häfen sind zu gering, um einen angemessenen Ausgleich für die Hafenlasten zu leisten. Die Infrastruktur in den Häfen ist auch eine nationale Aufgabe und muss von allen mitfinanziert werden.

Als Stadtstaat ist Bremen von den (kommunalen) Finanzproblemen deutscher Großstädte in vollem Umfang betroffen, insbesondere von dem extremen Anstieg der Sozialleistungsausgaben. Bremen erwartet durch eine Beteiligung des Bundes an der Eingliederungshilfe und einem höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft eine Entlastung finanzschwacher Kommunen.

Die Klage Hessens und Bayerns nimmt isoliert den Länderfinanzausgleich ins Visier. Zu einer umfassenden Reform des Systems müssen aber alle Finanzströme zwischen Bund und Ländern in den Blick genommen werden. Es gilt, alle horizontalen und vertikalen Umverteilungsmechanismen in den Blick zu nehmen – beispielsweise die für Bremen wichtige Lohnsteuerzerlegung, die vor dem eigentlichen Länderfinanzausgleich stattfindet.

Bremen lehnt Zuschlagsrechte der Länder auf Steuern ab. Steuerwettbewerb zwischen den Ländern schaffe mehr Probleme, als er löse. Während finanzschwache Länder zu immer weiteren Steuererhöhungen gezwungen wären, würden finanzstarke Länder ihre Standortbedingungen durch niedrige Steuern immer weiter verbessern. Die Stadtstaaten in ihrer "Insellage" würden durch einen Steuerwettbewerb mit dem umgebenen Ländern vor besondere Probleme gestellt. Außerdem würde durch unterschiedliche Steuersätze – gerade bei der Lohnsteuer – ein erheblicher bürokratischer Aufwand für die Arbeitgeber und die Finanzverwaltung entstehen.

Unabdingbar für eine nachhaltige Reform der Finanzausstattung von Bund und Ländern ist die Lösung der Altschuldenproblematik der Länder und Kommunen. Aufgrund von unterschiedlichen Schuldenständen und daraus resultierenden Zinsbelastungen haben die Länder sehr unterschiedliche Ausgangslagen, die die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gefährden. Es ist deshalb erforderlich, eine Lösung für das Problem der Altschulden der Länder und Kommunen zu finden.

Abschließend betont Karoline Linnert: "Die Klage erschwert die notwendigen Verhandlungen über die bundesstaatlichen Finanzbeziehungen. Das ist ärgerlich, darf aber die anstehenden Gespräche nicht lähmen. Es ist Aufgabe der Politik, sich auf eine gerechte und solidarische Finanzverteilung zu einigen. Das wird nicht vor Gericht gelöst. Es ist an der Zeit, das Wahlkampfgetöse zu beenden und sachliche Verhandlungen zu führen. Die Justiz wird keinen Vorschlag ausarbeiten, das müssen wir schon gemeinsam selbst erledigen."

Foto: Senatspressestelle