Sie sind hier:

Die Senatorin für Kinder und Bildung

Erklärung von Senatorin Jürgens-Pieper

26.11.2012

Erklärung:

Die Entscheidung des gestrigen Koalitionsausschusses zum Umgang mit dem strukturellen Defizit des Bildungshaushaltes kann ich nicht mittragen.

Ich war bereit, durch Sparanstrengungen im Ressort einen erheblichen Teil der fehlenden Mittel selbst zu erwirtschaften. Die aus meiner Sicht notwendigen zusätzlichen Mittel sind mir jedoch nicht zugestanden worden. Es konnte nicht einmal Einigkeit erzielt werden, dass es eine strukturelle Unterfinanzierung gibt.

Ich werde deshalb das Amt der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit niederlegen. Bis zur Wahl einer Nachfolgerin bzw. eines Nachfolgers werde ich meinen Pflichten nachkommen.

Die erfolgreich angelaufene Reform des bremischen Schulwesens erfordert in den kommenden Jahren weiterhin erhebliche Mittel für die Steigerung der Unterrichtsqualität, die Umsetzung der Bildungsstandards, den Aufbau der Oberschulen, den weiteren Ausbau des ganztägigen Lernens sowie die gewaltige Herausforderung der Inklusion. Diese Kosten konnten bis Ende 2010 aus dem vorhandenen Bildungsetat finanziert werden, und zwar durch die finanziellen Spielräume, die sich angesichts sinkender Schülerzahlen ergeben haben.

Seit dem vergangenen Jahr hat jedoch eine Reihe von Sparauflagen zu wachsenden finanziellen Engpässen geführt. Die dadurch entstandenen Verzögerungen in der Lehrereinstellung und die folgenden Proteste der Eltern, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sind mir angelastet worden. Dabei ging es nicht um die Frage, ob ich einen Bildungshaushalt steuern kann, sondern darum, ob der Bildungshaushalt hinreichend ausgestattet ist oder nicht. Aus meiner Sicht ist das, mindestens, was die Inklusion betrifft, nicht der Fall.

Der grüne Koalitionspartner vertritt dagegen die Position, der Bildungsetat sei in den vergangenen Jahren mit erheblichen zusätzlichen Mitteln aufgestockt worden, sie reichten für alle Vorhaben, wenn nur sparsam und umsichtig mit ihnen gewirtschaftet werden würde.

Diese gegensätzliche Sicht der Dinge ist für mich keine gemeinsame politische Basis für die gemeinsam getragene Umsetzung der Maßnahmen, die aus dem Beschluss des Koalitionsausschusses folgen. Sie hat bereits seit 18 Monaten zu Verzögerungen und Blockaden geführt, die ich nicht aufzulösen vermochte.

Der Bildungsbereich ist bereits zu Zeiten der Großen Koalition ungeachtet der schlechten PISA-Ergebnisse mehr als gebeutelt worden. Es wurden 1000 Lehrerstellen gekürzt. Bundesweit stand Bremen nach diesen Stellenkürzungen am unteren Ende der Pro-Kopf-Ausgaben je Schüler und Schülerin sowie der Lehrer-Schüler-Relation. In der Legislaturperiode 2007 bis 2011 hat es bedingt durch den Rückgang der Schülerzahlen sowie befristete Sondermittel eine Verbesserung der Kennwerte gegeben. Verglichen mit den beiden anderen Stadtstaaten liegen wir jedoch gegenwärtig in allen Kennzahlen deutlich zurück.

Im parteiübergreifenden Bremer Konsens zur Schulentwicklung ist den Schulen, den Eltern und den Schülerinnen und Schülern Verlässlichkeit zugesagt worden. Mein persönlicher Wunsch, das schwierige und gleichzeitig schöne Amt einer Bildungssenatorin in Bremen weiterhin inne zu haben, muss zurückstehen, wenn grundlegende Zusagen der Verlässlichkeit zur Disposition stehen.

Die Verantwortung für den Wissenschaftsbereich habe ich in den vergangenen Jahren zusätzlich zur Arbeit an der Schulreform mit besonderer Freude wahrgenommen. In meiner Amtszeit sind zahlreiche Forschungsinstitute neu entstanden. Mit besonderem Stolz erfüllt mich jedoch, dass die Bremer Universität als einzige norddeutsche Universität in die Exzellenzinitiative der Bundesregierung aufgenommen wurde. Damit erhalten wir nun in bemerkenswerter Höhe Bundesmittel für den weiteren Ausbau der Bremer Universität. Hoffentlich ist das Land Bremen bereit, die notwendigen Komplementärmittel zusätzlich bereit zu stellen.

Die Verantwortung für das Gesundheitsressort habe ich im Sommer 2011 gerne und mit besonderem Interesse für die neue Aufgabe übernommen. Natürlich habe ich nicht ahnen können, welche besonderen Anforderungen durch den Hygieneskandal im Klinikum Bremen-Mitte vier Monate nach der Amtsübernahme auf mich zukommen würden. Ungeachtet aller persönlichen Anwürfe und Verleumdungen in den vergangenen zwölf Monaten bin ich mir jedoch sicher, dass ich meinen Aufgaben als Senatorin wie als Aufsichtsratsvorsitzende in angemessener Weise entsprochen habe. Als Konsequenz meines Handelns verfügen wir nun über hochqualifiziertes und kooperations- sowie kommunikationsfähiges Führungspersonal, neue Leitungsstrukturen, klare Verantwortlichkeiten, eine verbesserte Landeshygieneverordnung sowie eine geschärfte Sensibilität in Hygienefragen auf allen Ebenen. Die Herausforderungen waren im Kontext der administrativen Aufarbeitung des Skandals und auch mit Blick auf die besondere Situation als Zeugin im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss besonders groß, dennoch habe ich während der vergangenen Monaten gerne mit der Gesundheitsabteilung, der neuen Leitung der GENO, den Mitgliedern des Aufsichtsrates und vielen anderen Verantwortlichen zusammengearbeitet. Ich werde dieses Aufgabenfeld deshalb in besonderer Weise vermissen.

Ich bedanke mich bei Jens Böhrnsen und meiner Partei, für die Chance, in den vergangenen Jahren für das Land Bremen arbeiten zu dürfen. In dieser Zeit habe ich meine Erfahrung, meine Fachkompetenz und meine Arbeitskraft gerne eingesetzt. In Bremen habe ich eine demokratische, auf Gemeinsinn und Teilhabe orientierte Stadtgesellschaft kennen und lieben gelernt. Ich werde Bremerin bleiben und die weitere Entwicklung besonders ‚meiner‘ politischen Aufgabenfelder als Bürgerin mit großem Interesse weiter verfolgen.