Sie sind hier:

Sonstige

Gesundheitsbranche diskutierte Strategien gegen multiresistente Keime

Regionalkonferenz 2012 des Netzwerks Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V. in Oldenburg

12.07.2012

Um Infektionserreger, die gegen Antibiotika widerstandsfähig sind, ging es bei der dritten Regionalkonferenz des Netzwerks Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V. am Donnerstag (11. Juli 2012) im Kulturforum Alte Fleiwa in Oldenburg. Die jährlich stattfindende Regionalkonferenz des Netzwerks ist das zentrale Event der Gesundheitswirtschaft in der Metropolregion Bremen-Oldenburg. Sie bietet Entscheiderinnen und Entscheidern aus allen Bereichen der Gesundheitswirtschaft Gelegenheit zur Information und gegenseitigem Austausch. Unter dem Titel: „Fehler im System(?!) – Multiresistente Keime auf ihrem Weg durch die Gesundheitsversorgung“ diskutierten dort rund 100 Fachleute wirtschaftliche Aspekte und mögliche Strategien gegen die gesundheitsgefährdenden Keime. Zu den Teilnehmern gehörten Vertreter aus Klinken, Pflegeeinrichtungen, Unternehmen, Wissenschaft, Politik und Verwaltung.

Die Referenten der Regionalkonferenz Gesundheitswirtschaft Nordwest 2012: v.l.n.r: Dr. Jörg Herrmann, Direktor des Instituts für Krankenhaushygiene in Oldenburg, Michael Lempe, Sprecher des Vorstands Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V., Prof. Dr. Thomas Blaha, Tierärztliche Hochschule Hannover, Ansgar Rudolph, Geschäftsführer Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V., Dr. Christiane Cuny, Robert-Koch-Institut, Dr. Johann Böhmann, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Delmenhorst, Dr. Matthias Pulz, Präsident Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Dr. Boris Oberheitmann, Geschäftsführer Q-Bioanalytic GmbH, Dr. Robin Köck, Institut für Hygiene am Universitätsklinikum Münster, Dr. Bernhard Braun, Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen
Die Referenten der Regionalkonferenz Gesundheitswirtschaft Nordwest 2012: v.l.n.r: Dr. Jörg Herrmann, Direktor des Instituts für Krankenhaushygiene in Oldenburg, Michael Lempe, Sprecher des Vorstands Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V., Prof. Dr. Thomas Blaha, Tierärztliche Hochschule Hannover, Ansgar Rudolph, Geschäftsführer Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V., Dr. Christiane Cuny, Robert-Koch-Institut, Dr. Johann Böhmann, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Delmenhorst, Dr. Matthias Pulz, Präsident Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Dr. Boris Oberheitmann, Geschäftsführer Q-Bioanalytic GmbH, Dr. Robin Köck, Institut für Hygiene am Universitätsklinikum Münster, Dr. Bernhard Braun, Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen

„Die hohe Zahl keimbedingter Erkrankungen zeigt, dass wir es mit einem ernsthaften Problem für die Gesundheitsversorgung zu tun haben“, sagte Micheal Lempe, Sprecher des Vorstands von Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V. während der Begrüßung. Multiresistente Keime würden nicht nur im alltäglichen Krankenhausbetrieb, sondern zunehmend auch in Pflegeeinrichtungen, im ambulanten Sektor und anderen Versorgungsbereichen zu wirtschaftlichen Auswirkungen führen. Von dieser Tatsache ausgehend diskutierten die Teilnehmer die Ausbreitungswege der Keime im Gesundheitssystem, wie man ihre Übertragung verhindert und wie Fachleute regional noch besser zusammenarbeiten können. Dr. Jörg Herrmann, Direktor des Instituts für Krankenhaushygiene am Klinikum Oldenburg, beschrieb die aktuelle Situation. Im Vergleich zu den vorbildlichen skandinavischen Staaten und den Ländern Südeuropas bewege sich Deutschland mit 10-25 Prozent multiresistenter Krankenhauskeime im Mittelfeld. Die Behandlung Betroffener verursache einen beträchtlichen Mehraufwand: Unterbringung in Einzelzimmern, intensivere Pflege, teurere Medikamente und Mehrkosten von rund 7.000 Euro pro Patient. Als Gegenmaßnahme plädierte Herrmann für einen gezielteren Einsatz von Antibiotika, mehr Hygieneerziehung, Schulungen von Ärzten und Pflegemitarbeitern sowie einen stärkeren Informationsaustausch zwischen Fachleuten in Netzwerken. Dieses Thema war der Schwerpunkt des Vortrags von Dr. Matthias Pulz. Der Präsident des niedersächsischen Landesgesundheitsamtes in Hannover stellte den Aufbau sowie die Arbeitsweise regionaler Modellnetzwerke aus Niedersachsen vor und wie man multiresistente Keime gemeinsam besser bekämpfen kann. Bei der Vorstellung des deutsch-niederländischen Projekts EurSafety Health-net sowie in der anschließenden Diskussion wurde deutlich: Im grenzüberschreitenden Verbund lassen sich Maßnahmen zur Bekämpfung multiresistenter Keime besonders erfolgreich koordinieren.

Im Anschluss an die Vorträge tauschten sich die Teilnehmer in drei Foren zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten aus. In der ersten Arbeitsgruppe ging es um multiresistente Keime in der Nutztierhaltung. Mögliche Risiken für die menschliche Gesundheit könnten etwa durch einen gezielteren Gebrauch von Antibiotika, die Vermeidung der Keimausbreitung durch weniger Tiertransporte sowie gründliche Küchenhygiene vor dem Verzehr tierischer Nahrungsmittel erreicht werden, so das Fazit. Das zweite Forum beleuchtete Möglichkeiten und Grenzen von Reihenuntersuchungen wie sie etwa mithilfe biomolekularer Diagnoseverfahren und Schnelltests bei der Krankenhausaufnahme durchgeführt werden. Dabei zeigte sich ein zunehmender Bedarf solcher Diagnostika für unterschiedliche multiresistente Erreger. Das dritte Forum befasste sich mit dem Antibiotikaeinsatz in der Kinderheilkunde. Aus Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen wurden erhebliche regionale und altersbedingte Unterschiede deutlich: In ländlichen Regionen und im Kindergartenalter kämen mehr Antibiotika zum Einsatz.

In einer abschließenden Diskussionsrunde fasste Ansgar Rudolph, Geschäftsführer von Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V., noch einmal die Ergebnisse zusammen. „Jeder Beteiligte, ob Krankenhaus, Arztpraxis, landwirtschaftlicher Betrieb oder privater Haushalt, kann in seinem Umfeld wichtige Beiträge zum Schutz vor multiresistenten Erregern leisten. Der entscheidende Erfolgsfaktor für eine effektive Bekämpfung ist aber die Vernetzung von Akteuren über die Grenzen von Disziplinen und territorialen Zugehörigkeiten hinweg“, lautete seine Einschätzung am Ende der Veranstaltung.

Weitere Informationen und Kontakt:

Ansgar Rudolph
Gesundheitswirtschaft Nordwest e. V.
Hinter dem Schütting 8
28195 Bremen
Tel. (0421) 27 81 99 64
Fax (0421) 27 81 99 89
mailto:info@gesundheitswirtschaft-nordwest.de
http://www.gesundheitswirtschaft-nordwest.de

Gesundheitswirtschaft Nordwest e. V. ist eine Clusterinitiative der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten. Der Verein hat mehr als 60 Mitglieder aus der gesamten Region und aus allen Bereichen der Gesundheitswirtschaft. Er versteht sich als Plattform für Vernetzung von Akteuren und Initiierung von Kooperationen, mit dem Ziel, Innovationskraft und wirtschaftlichen Erfolg in der regionalen Gesundheitswirtschaft zu stärken.

Foto: Riehl-Halen / www.medizinkontext.de

Link zum Fotodownload: www.medizinkontext.de/bildergalerie.php?WEBYEP_DI=6