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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Die Sicherung des Kindeswohls verbessern - Jugend- und Erziehungshilfe im Reformprozess

09.10.2007

Die Sicherung des Kindeswohls hat ausgehend von den schrecklichen Ereignissen von Kindesmisshandlung einen neuen Stellenwert im politischen und gesellschaftlichen Bewusstsein erhalten. Das Klima in unserer Stadt hat sich dahingehend verändert, dass viele Menschen sehr viel sensibler und aufmerksamer geworden sind, wenn es um das Wohl von Kindern geht. Nachbarn, Freunde, Verwandte reagieren sehr viel häufiger auf mutmaßliche Missstände in einer Familie und melden dies dem Jugendamt. Verändert hat sich auch, dass alle professionell oder ehrenamtlich in der Stadt Bremen im Kinderschutz Tätigen enger zusammen gerückt sind: Es gibt mehr Informationsaustausch und gemeinsame Beratungen.

Im Jahr 2007 sind zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung des Kindesschutzes umgesetzt bzw. auf den Weg gebracht worden. In den nächsten Monaten wird es darauf ankommen, die ergriffenen Maßnahmen zu verstetigen und weiter zu entwickeln. Zudem bedarf es einer noch engeren Verzahnung aller Beteiligten in den Stadtteilen, das sind Sozialzentren, Kindergärten, freie Träger der Wohlfahrtspflege, Kinderärzte, Polizei und andere.
Im Einzelnen werden folgende Entwicklungen bzw. Maßnahmen kurz benannt:
I. Hilfe und Versorgung akut gefährdeter Kinder und Jugendlicher
Das rund um die Uhr erreichbare kommunale Kinder- und Jugendschutztelefon als Bestandteil des kommunalen Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND) wurde am 01. Februar 2007 freigeschaltet.
Zum 1. Oktober hat der pädagogische „Hintergrunddienst“ des Kinder- und Jugendnotdienstes seine Arbeit aufgenommen. In Krisensituationen stehen seitdem Kinderschutzfachkräfte im Rufbereitschafsdienst „rund um die Uhr“ zur Verfügung um ggf. unmittelbar „vor Ort“ Entscheidungen zur Gewährleistung des Kinderschutzes zu treffen.
II. Entwicklung der Arbeit im Ambulanten Sozialdienst Junge Menschen

Die fallbezogene Arbeitsweise in den Sozialzentren (Case Management) wurde erhalten. Hausbesuche werden nun aber wieder verstärkt durchgeführt.

Zur Qualitätssicherung wurden altersspezifisch differenzierte sozialpädagogische Diagnostik-, Dokumentations- und Gefährdungsbögen entwickelt, die zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung verwendet werden und den Entscheidungsprozess für die Sozialarbeiter/innen unterstützen.

Parallel dazu finden Qualifizierungsmaßnahmen für die Fachkräfte des Ambulanten Sozialdienstes Junge Menschen und die der Freien Träger im Arbeitsfeld Jugendhilfe in Kontext Kinderschutz statt.

Schulungen in der Aktenführung – auch im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Fallakte – erfolgen in den Sozialzentren.

Supervision für die Sozialarbeiter/innen und Coaching für die Führungskräfte wird angeboten.

III. Personalaufstockung

In den letzten Monaten sind 17 zusätzliche Stellen im Ambulanten Sozialdienst Junge Menschen geschaffen worden. Die Amtsvormundschaft wurde ebenso aufgestockt wie die Erziehungsberatung. Darüber hinaus wurde eine Familienhebamme neu eingestellt.

IV. Fallzahlen Hilfen zur Erziehung
Die deutlich erkennbare Sensibilisierung der unterschiedlichsten Institutionen sowie die veränderte Meldebereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern und ein zunehmend „aktiveres“ und rechtzeitiges Einschreiten der CM bei bestehenden Verdachtsmomenten führte in allen Bereichen der Hilfen zur Erziehung zu einem Anstieg der Hilfen ab dem IV. Quartal 2006.

So stieg die Zahl der in der Sozialpädagogischen Familienhilfe betreuten Familien mit Kindern im Laufe des Jahres ausgehend von 446 im Dezember 2006 auf 676 im August 2007. Die Erziehungsbeistandschaften für ältere Kinder und Jugendliche stieg von 209 betreuten Kindern und Jugendliche (Dez 2006) auf 297 Fälle im August 2007.

Im August 2007 gab es außerdem einen steilen Anstieg der Zuwächse bei den Heimunterbringungen und bei der Fremdplatzierung in Vollzeitpflege (Dezember 2006: 587 jungen Menschen in stationärer Betreuung und 480 in Vollzeitpflege; August 2007: 657 Heimunterbringung und 508 Hilfen im Rahmen von Vollzeitpflege. Die Vollzeitpflege macht damit 43,6 % aller fremdplatzierenden Hilfen aus.)


V. Zusammenarbeit mit freien Trägern und anderen Akteuren

Das Amt für Soziale Dienste und das Ressort haben in den letzten Monaten die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kooperationspartnerbereichen der Kinder- und Jugendhilfe intensiviert und deutliche Verbesserungen erzielen können. Im einzelnen sind Vereinbarungen getroffen worden zur

  • Verbesserung der Zusammenarbeit mit Freien Trägern, Einrichtungen und Diensten der Jugend- und Gesundheitshilfe
  • Verbesserung der Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachkräfte zur Sicherung des Kindeswohls
  • Verbesserung der Zusammenarbeit mit der BAgIS
  • Verbesserung der Zusammenarbeit mit dem Familiengericht

VI. Prävention
Mit der Verabschiedung des Kindeswohlgesetzes hat der Senat eine wesentlichen Schritt zur Verbesserung des Präventionssystems getan. Das Gesetz zielt darauf ab, die Teilnahme an den Krankheitsfrüherkennungsuntersuchungen für Kinder zu steigern und dadurch Misshandlung oder Vernachlässigung früher und besser zu erkennen.

Die Familien-Hebammen, deren Arbeitsansatz und Selbstverständnis präventiv ausgerichtet ist, sind seit Dezember 2006 mit einer gestiegenen Zahl von Betreuungsanträgen konfrontiert. Für eine bessere Bewältigung des Arbeitsanfalls wurde eine zusätzliche Stelle für Familien-Hebammen neu geschaffen.

Im Jahr 2008 soll das Projekt TippTapp realisiert werden. Danach sollen Eltern nach Geburt, sowie im Alter des Kindes von 6 und 12 Monaten eine Beratung durch angekündigte Hausbesuche einer Kinderkrankenschwester erhalten. Zielgruppe sind etwa 25% der Säuglinge eines Geburtsjahrgangs aus den 13 am meisten sozial benachteiligten Ortsteilen Bremens.

Im Rahmen des bundesweiten Modellprojekts „Pro Kind“ werden schwangere Frauen gesundheitlich und psychosozial begleitet. Das Programm ist speziell auf Frauen ausgerichtet, deren Lebenssituation in finanzieller Hinsicht sowie durch gesundheitliche und psychosoziale Rahmenbedingungen durch mehrere Risikofaktoren vorbelastet ist. Durch das Projekt sollen nunmehr insgesamt 103 Schwangere, davon voraussichtlich 12 in Bremerhaven, bis zum vollendeten 2. Lebensjahr des Kindes durch ein Hausbesuchsprogramm intensiv begleitet werden.