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Sonstige

Käufer von Steuersparimmobilien können auf Schadensersatz hoffen

07.06.2000

Die Verbraucherzentrale Bremen teilt mit:

Beteiligte Banken werden zunehmend in Haftung genommen /Höchstrichterliche Klärung steht noch aus.


Mit dem Versprechen Steuern sparen und durch Eigentum Vermögen bilden zu können, sind in den 90er Jahren Zigtausende von Normal- und Kleinverdienern dazu bewegt worden, eine hoffnungslos überteuerte und überfinanzierte Mietimmobilie zu erwerben. Dabei klang das Ganze anfangs vielversprechend: Mieteinnahmen und Steuerersparnisse zusammen würden ausreichen, um die Immobilie zu bezahlen. Nicht einmal Eigenkapital sei nötig; eine Bank zur Finanzierung stände schon bereit. "Eine Wohnung, die sich selbst finanziert!". Viele waren begeistert und haben schnell zugriffen, zumal die Vermittler zur Eile drängten, weil man sich wegen der hohen Nachfrage schnell entscheiden müsse. Schmerzhaft war das Erwachen allerdings, wenn sich später herausstellte, dass es sich bei der scheinbar so rentablen Investition um eine Schrottimmobilie handelte, die sich zum Zuschussgeschäft entwickelte.


Lange Zeit sah es aus, als müssten die geprellten und oftmals ruinierten Anleger ihre Verluste alleine tragen. Mittlerweile zeichnet sich jedoch eine grundlegende Wende in der Rechtsprechung ab, beobachtet Arno Gottschalk von der Verbraucher-Zentrale Bremen. In einer wachsenden Zahl von Urteilen haben Gerichte auf ein Mitverant-wortung der Bank erkannt und diese zur Rückabwicklung der Kreditverträge und zum Schadensersatz verurteilt.


Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind die kreditgebenden Banken zwar nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen gehalten, den Darlehensnehmer über die Risiken des zu finanzierenden Geschäftes aufzuklären. Bei dieser Rechtsprechung hatten die obersten Richter jedoch zunächst einen ganz anderen Kreis von Betroffenen vor Augen: nämlich Ärzte, Zahnärzte, Fußballprofis und andere gut betuchte Kapitalanleger, die bereits in den 70er Jahren bei dem Versuch, mit vermieteten Immobilien Steuern zu sparen, vielfach hereingelegt und abkassiert worden waren. Bei diesen frühen Opfern konnte mit einigem Recht unterstellt werden, dass sie mit Hilfe von Steuerberatern und Rechtsanwälten ihr Investitionsrisiko abklären konnten.


In den eingangs geschilderten Fällen handelt es sich demgegenüber meist um Haushalte mit mittlerem oder kleinerem Einkommen, die in der Regel über wenig Geschäftserfahrung, geschweige denn über fachlich versierte Berater verfügten. Wer sich ihnen – über Freunde, Bekannte oder unerlaubte Telefonanrufe - als "Berater" andiente, waren Mitarbeiter von straff organisierten Strukturvertrieben, die darauf gedrillt waren, ihre Opfer mit sorgfältig einstudierten Verkäufertricks in möglichst kurzer Zeit zum Vertragsabschluss zu überreden. Ihnen zur Seite standen willfährige "Mitternachts"-Notare, die auch spät am Abend oder am Wochenende bereit waren, auf die Schnelle Vollmachten oder Kaufverträge zu beurkunden. Im Zusammenspiel dieser Akteure fand somit das genaue Gegenteil von einer Anlegerberatung und –aufklärung statt.


Funktionieren konnte das unsaubere Geschäft letztendlich aber nur dadurch, dass sich Kreditinstitute bereit fanden, den durch versteckte Innenprovisionen und zusätzliche Abschlusskosten drastisch überteuerten Immobilienerwerb zu finanzieren und damit obendrein noch den Anschein einer "bankgeprüften" Investition zu unterstützen. Hierbei haben sich viele Kreditinstitute unrühmlich vorgetan, allen voran die frühere HYPO-Bank in München, heute Bestandteil der HypoVereinsbank. Sie laufen nunmehr Gefahr, dafür teuer zu bezahlen - vor allem wenn die Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anlagevermittler als Erfüllungsgehilfen der Bank anzusehen sind und sie sich deren Aufklärungsverschulden anrechnen lassen muss. Ob es dazu kommt, darüber wird der Bundesgerichtshof demnächst in mehreren Verfahren entscheiden müssen. Es liegen jedoch bereits eine Reihe von positiven Urteilen zugunsten der Anleger vor, so der Oberlandesgerichte in München, Stuttgart, Bamberg, Nürnberg, Köln, Thüringen und Berlin.


Die Verbraucher-Zentrale Bremen bietet Betroffenen eine "Erste-Hilfe"-Beratung an und hält einen juristischen Leitfaden sowie eine ausführliche Urteilssammlung bereit. Informationen unter Telefon (0421) 160 77 51.


Ansprechpartner für Journalisten ist bei der Verbraucherzentrale Bremen Arno Gottschalk, Telefon (0421) 160 77 81 / -85.