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Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Bremische Häfen bereiten sich auf Ladung von morgen vor

27.08.2005

41. Kapitänstag der Freien Hansestadt Bremen mit Gästen aus den Bereichen Hinterlandverkehre, Automotive und Nahrungs- und Genussmittel
- Senator Jörg Kastendiek: Größtes maritimes Investitionsprogramm der Geschichte stärkt Bremische Häfen
- WWL-Kapitän Pål Myhre: Bremische Häfen bestechen durch gute Erreichbarkeit und hohe Professionalität
- Transfracht-Chef Klaus Niemöhlmann: Schiene wird immer wichtiger


Im Jahre 965 verlieh Kaiser Otto I. Bremen das Große Marktrecht. 1.000 Jahre später nahm die Hansestadt dieses markante Datum zum Anlass, den Kapitänstag aus der Taufe zu heben. Seither hat sich die Veranstaltung in der Oberen Halle des Alten Rathauses zu einer maritimen Traditionsveranstaltung entwickelt. Neben den in den Bremischen Häfen anwesenden Kapitänen sind Flugkapitäne und eine spezielle Kundengruppe der Häfen eingeladen.


Der 41. Kapitänstag am Freitagabend (26.08.2005) knüpfte einerseits an die Traditionen der Vorgängerveranstaltungen an, hatte jedoch auch einige Neuerungen zu bieten. Uwe Will, Geschäftsführer der Bremen Keyports Marketing GmbH, erläuterte dies in seiner Begrüßung: „Zum ersten Mal durften wir zu Beginn des Kapitänstages ein Grußwort des Hausherrn, also des Präsidenten des Senats, entgegennehmen. ... Erstmals nach vielen Jahren richtet sich die Auswahl unserer Hafenkunden und -partner, die wir in diesem Jahr eingeladen haben, nicht nach einem Länderschwerpunkt, sondern nach so genannten Commodities. So begrüßen wir Gäste aus den Schwerpunktbereichen Hinterlandverkehre, Automotive sowie Nahrungs- und Genussmittel. ... Und letztlich ist die Organisation neu, die diesen Kapitänstag im Auftrag des Senators für Wirtschaft und Häfen organisieren durfte. Die Bremen Keyports Marketing hat am 1. Mai dieses Jahres den Betrieb und das operative Geschäft der BHV Bremische Hafenvertretung übernommen und ist nun — als gemeinsame Tochtergesellschaft von bremenports und BHV - für die Bremischen Häfen am Markt aktiv.“


Gastgeber Jörg Kastendiek, Senator für Wirtschaft und Häfen, unterstrich die Bedeutung funktionierender Seehäfen für Deutschland als eine der führenden Außenhandels- und Exportnationen. Sie sicherten Arbeit in der Industrie, in der Logistikkette, an den Kajen, in den Reedereikontoren und auf den Schiffen. Während andere Branchen Beschäftigung abbauen, so Kastendiek, sichern Hafen, Verkehr und Transport an der Weser rund 80.000 Arbeitsplätze und schaffen am Container Terminal Bremerhaven sogar neue. „Bremen reagiert mit dem größten maritimen Investitionsprogramm seiner Geschichte auf starke Zuwächse an den Kajen und bereitet sich damit auf Ladung von morgen vor. In diesem Jahrzehnt fließen etwa 800 Millionen Euro in den Bau neuer Kajen und Containerflächen sowie einer optimal dimensionierten Kaiserschleuse.“


Dieser Kraftakt habe historische Dimensionen, sei aber notwendig zur Erhaltung der Welthafen-Funktion des Standorts. Kastendiek: „Dauerhafte Engpässe in der Abfertigung wären Gift für die Entwicklung von Welthandel und Weltseeverkehr. Die großen Häfen in Nordwesteuropa reagieren; sie investieren umfangreich in neue Liegeplätze und Stellflächen. Bremerhaven ist der viertgrößte Containerhafen Europas — und dort nimmt für 500 Millionen Euro der neue Container Terminal 4 Gestalt an. Die Hafenbauer stehen dabei unter großem Zeitdruck, denn schon Ende 2006 soll der erste von vier neuen Liegeplätzen in Betrieb genommen werden.“


Das zweite Großprojekt sei der Bau einer neuen Kaiserschleuse, des derzeit größten Schleusenbauprojektes in Europa mit 305 Meter Länge und 55 Meter Durchfahrtsbreite. In etwa 5 Jahren soll die Schleuse nach Angaben des Wirtschafts- und Häfensenators in Betrieb genommen werden. Damit werde die seewärtige Erreichbarkeit der Bremerhavener Auto-Terminals erheblich verbessert.


Wichtige Entwicklungspotenziale in Bremen seien beispielsweise im Industriehafen und im Neustädter Hafen vorhanden, so der Senator. Die im Bau befindliche A 281 werde den stadtbremischen Hafenarealen auf beiden Seiten der Weser einen weiteren Schub verleihen.


Als wichtigen Partner in Hafenfragen nannte Kastendiek den Bund.

Er bekräftigte nochmals Bremens Forderungen an Berlin zum Thema Erreichbarkeit und Anbindung der Häfen:

  • Die Fahrrinnen von Außen- und Unterweser müssen zügig vertieft werden, damit die Häfen an der Weser der Schifffahrt deutlich verbesserte nautische Bedingungen bieten können.
  • Der Ausbau der Autobahn A 1 auf drei Spuren pro Richtung ist zügig umzusetzen, damit die Container nicht im Dauerstau stecken bleiben.
  • Bremerhaven und Wilhelmshaven brauchen die neue Küstenautobahn A 22, um ihre Randlage zu überwinden und ihre Hinterlandanbindung zu optimieren.
  • Ohne Investitionen in neue Bahnstrecken südlich von Bremen und Hamburg wird die dauerhafte Verlagerung von Verkehren auf die Schiene ein frommer Wunsch bleiben.


Mit Blick auf die Entwicklung der deutschen Handelsflotte erinnerte Kastendiek daran, dass das vor sechs Jahren geschlossene Maritime Bündnis eine erfolgreiche Bilanz ziehen könne: Die deutsche Handelsflotte wächst wieder. Kastendiek: „Die Reeder hatten zugesagt, 100 Schiffe unter deutscher Flagge fahren zu lassen; Ende ]uli 2005 waren es bereits 80. Deshalb gibt es keinen Zweifel, dass die deutschen Reeder ihr Versprechen bis Jahresende vollständig einlösen werden.“


Kern der Schifffahrtsförderung sei die Tonnagesteuer, ohne deren Einführung viele Schifffahrtsunternehmen ihren Sitz ins Ausland verlagert hätten. Sie sei existenziell wichtig für die Reeder, weil sie sehr viel niedriger ausfalle als die sonst erhobenen Steuern. Sie zu streichen bedeute, dass Reedereien dem Seehafenstandort Deutschland den Rücken kehren - weil sie in zahlreichen anderen EU-Ländern angeboten wird.


Kastendiek: „An der Tonnagesteuer darf deshalb nicht gerüttelt werden, denn sonst würde das Vertrauen unserer Seeverkehrsunternehmen in die deutsche Wirtschaftspolitik auf lange Zeit verloren gehen und die Erfolge des maritimen Bündnisses würden zunichte gemacht.“


Fast auf den Tag genau vor 40 Jahren erreichte Pål Myrhe, heute Kapitän der Reederei Wallenius Wilhelmsen Lines AS, Stockholm/Oslo, Schweden/Norwegen, als junger Kadett auf dem norwegischen Dreimast-Vollschiff „Christian Radich“, zum ersten Mal Bremen. Es war in der Laufbahn des Seemannes der erste Hafen überhaupt, den er anlief. Hier lernte er einen Kapitän der Wilhelmsen-Reederei kennen und fortan hielt er dem Unternehmen die Treue. 1987 wurde Myrhe Kapitän, heute führt er die „Talisman“, ein modernes Ro/Ro-Schiff der jüngsten Generation, das im Round-the-world-Service der WWL fährt.


Die WWL-Flotte umfasst derzeit 70 Schiffe, die in zwölf verschiedenen Diensten im weltweiten Einsatz sind. Die Reederei gehört mit 1,5 Millionen transportierter Autos zu den führenden Transportunternehmen der Welt. „Deutschland ist für uns ein sehr interessanter Markt, in der Tat der größte europäische Ex- und Importmarkt“, so Myrhe. In Bremerhaven sei WWL der größte Kunde mit rund 220 Calls (Anläufen) im Jahr. „Wir haben fast jeden Tag ein Schiff in der Seestadt“, sagte der Kapitän. Darüber hinaus laufe die Reederei auch Bremen mehr als ein Dutzend Mal pro Jahr an.


Die Gründe, warum die norwegisch-schwedische Reederei Bremerhaven als Transhipment Hub bevorzugt, seien vielfältig:

  • Ideale Feederverbindungen nach Skandinavien und Finnland.
  • Effizienz und Professionalität der Umschlagsbetriebe und der Port Authority.
  • Die Bereitstellung spezieller Fahrzeug-Lagerflächen für die Reederei.
  • Das hohe Investment in Infrastruktur, wie kürzlich in den Ausbau der Kaiserschleuse.


Auch zukünftig werde WWL, das derzeit ein 12 Schiffe umfassendes Neubauprogramm aufgelegt hat, Bremerhaven als Schlüsselelement in seinen Zukunftsplänen berücksichtigen, versprach Kapitän Myrhe.



„After-Dinner-Redner Klaus Niemöhlmann, Geschäftsführer der Transfracht Internationale Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH, Frankfurt, wies in seiner Rede auf die zunehmende Bedeutung des Verkehrsträgers Schiene im Seehafenhinterlandverkehr hin. „Die Schifffahrt würde ihr Ende in verstopften Häfen finden, wenn kein schneller und kostengünstiger Abtransport der Güter erfolgte. Steigende Kraftstoffpreise und die LKW-Maut machen den Schienengütertransport immer attraktiver“, so Klaus Niemöhlmann. Er unterstrich seine Aussage mit der Forderung nach dem Ausbau der Infrastruktur im Hafenzu- und -ablauf zur Bewältigung des immensen Wachstums.