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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Beschäftigte des Zentralkrankenhauses St.-Jürgen-Straße nehmen ihre Sicherheit selbst in die Hand

19.09.2000

Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der Bremer Kripo verbessert die Sicherheit auf dem Krankenhausgelände entscheidend

Nach dem letzten Überfall auf eine Mitarbeiterin des Zentralkrankenhauses Sankt-Jürgen-Straße Ende Oktober 1999 reichte es dem Personalrat. Es sollte endlich Schluss sein mit der Gewalt auf dem Gelände des „großen Krankenhauses“. Zahlreiche Opfer hatte es in den zurückliegenden Jahren gegeben. Fast ausschließlich weibliche Beschäftigte waren betroffen. „Noch heute leiden sie unter den Folgen dieser traumatisierenden Ereignisse“, berichtete Personalrätin Karin Garling am Dienstag, 19. September, vor JournalistInnen bei der Vorstellung eines für Bremen einmaligen Pilotprojektes zum Thema „Sicherheit auf dem Krankenhausgelände“.

Am 2. November vergangenen Jahres beschloss der Personalrat, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit insbesondere für Frauen zu verbessern. „Seither ist viel passiert“, resümierte Karin Garling, die von Seiten des Personalrates die Federführung für diese Initiative übernommen hat. In einem ersten Schritt wurden an alle 2500 Mitarbeiterinnen des Zentralkrankenhauses kostenlos Trillerpfeifen verteilt. Nach einer abendlichen Begehung wurden die vielen dunklen Ecken ausgemacht, die Straftaten begünstigen. Eine verbesserte Beleuchtung wurde installiert. Nachdem auch die Dienstzeiten des hauseigenen Wachdienstes ausgeweitet, eine zentrale Hilfenummer eingerichtet sowie sogenannte Alarmeier verbilligt an die weiblichen Beschäftigten abgegeben worden waren, wurde der Kontakt zum örtlichen Polizeirevier verstärkt. Vermehrte Streifenfahrten vor allem während der Übergabezeiten (Schichtwechsel) waren die Folge. In einem Personalratsgespräch mit dem hiesigen Revierleiter Siegfried Schmid und dem Leiter des Dezernats für sexuelle Gewalt, Werner Meyer, entstand erstmals die Idee, im Rahmen eines Pilotprojektes die Sicherheit auf dem Krankenhausgelände weiter zu verbessern. Nach Angaben von Eckhard Mordhorst, Leiter der Bremer Kriminalpolizei, geht es in diesem bisher einmaligen Projekt um eine umfängliche kriminalpolizeiliche Beratung und Betreuung eines Großbetriebes, in dem der Frauenanteil 80 % der Beschäftigten beträgt. „Wir wollen gemeinsam mit Personalrat und Direktion diesen Krankenhausbetrieb für die Frauen sicherer machen – und zwar durch eine erstklassige Beratung hinsichtlich der Tatgelegenheiten durch die Überprüfung von Beleuchtung, Gebüsch, Bäumen usw. sowie durch Frauenselbstbehauptungskurse und Fachvorträge zur Verhaltens-Prävention“, führte Mordhorst das Projekt aus.

In der Zwischenzeit sind nach einer ausführlichen Begehung viele Anregungen der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle umgesetzt worden. So wurden Bäume und Gebüsch beschnitten, die Streifenpläne für den Sicherheitsdienst erstellt sowie die Wege zu Parkplätzen, Ausgängen und Ausfahrten überprüft. „Das gesamte Gelände ist viel übersichtlicher geworden. Täter werden es jetzt schwerer haben, Deckungsmöglichkeiten für ihre Straftaten zu finden“, unterstrich Verwaltungsdirektor Walter Bremermann. Er räumte der Geländesicherheit eine große Bedeutung ein, unterstrich aber gleichzeitig die Wichtigkeit der insgesamt zwölf Kurse im Rahmen des Selbstbehauptungstrainings. Die Kurse, die am 5. September begonnen haben und noch bis Ende März 2001 fortgesetzt werden, beginnen jeweils mit einem Fachvortrag durch den Leiter des Dezernats für sexuelle Gewalt. Im anschließenden Selbstbehauptungstraining werden sich die Teilnehmerinnen gezielt mit unangenehmen, belästigenden und bedrohlichen Situationen auseinandersetzen. Bremermann: „Frauen lernen hier, rechtzeitig Grenzen zu setzen.“ Unter der Leitung von Frank Kunze, Ausbildungsleiter für Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse bei der Polizei, lernen die Teilnehmerinnen jedoch nicht nur, sich in schwierigen Situationen zu behaupten, sondern auch wirkungsvolle Selbstverteidigungstechniken, um sich gegen Angriffe aller Art erfolgreich zur Wehr setzen zu können. Zudem werden in diesem Lehrgang das Auge für Gefahrensituationen geschärft und Strategien für eine mögliche Gegenwehr entwickelt. Dazu Frank Kunze: „Bei jeder Gewalttat gibt es einen gewissen Spielraum, den der Täter unbewußt zulässt. Diesen Spielraum gilt es zu nutzen.“

Wie Eckhardt Mordhorst abschließend betonte, ist daran gedacht, das Projekt nach einer erfolgreichen Durchführung im Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Strasse auch auf andere Institutionen zu übertragen, die einen hohen weiblichen Beschäftigungsanteil haben. Der Kripochef: „Wir müssen, was die Kriminalitätsbekämpfung angeht, neue Wege gehen. Die Prävention ist dabei ein wichtiger Schritt.“