Sie sind hier:

Der Senator für Finanzen | Sonstige

Hannah-Arendt-Preis 2014

Preisverleihung am 5. Dezember 2014 im Bremer Rathaus

27.11.2014

Am Freitag, 5. Dezember 2014 um 18 Uhr überreichen Bürgermeisterin Karoline Linnert und Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung Berlin, im Bremer Rathaus den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken 2014 an Juri Andruchowytsch, sowie in Abwesenheit an Nadeshda Tolokonnikowa und Marija Aljochina. Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken, der vom Senat der Freien Hansestadt Bremen und der Heinrich Böll Stiftung vergeben wird, ist 2014 mit 10.000 Euro dotiert. Er wird an Personen verliehen, die in ihrem Wirken mutig das "Wagnis Öffentlichkeit" angenommen haben.
Die Verleihung ist öffentlich. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten unter Telefon: 0421 35 23 68 bzw. Mail an ruedel.boell@arcor.de

Begründung der Jury
Die Jury des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken hat sich entschieden, den Preis in diesem Jahr jeweils zur Hälfte an den ukrainischen Lyriker, Essayisten, Romanautor, Übersetzer und Theatermacher Juri Andruchowytsch und an die russischen Aktionskünstlerinnen Nadeshda Tolokonnikowa und Marija Aljochina (ehemals Teil von "Pussy Riot") zu vergeben. In der Erklärung zur Preisverleihung heißt es: "Die Preisträgerinnen und der Preisträger leben und arbeiten im postimperialen Raum der aufgelösten Sowjetunion und wenden sich gegen den Versuch, in der Ukraine und in Russland alte Herrschaftsverhältnisse wiederherzustellen und die politischen Freiheiten abzuschaffen. Dabei sind freilich die Bedingungen in der unabhängigen Ukraine andere als in Russland, das unter Putin dabei ist, in die Fußstapfen der vorangegangenen zaristischen und sowjetischen Gewaltregime zu treten."
Juri Andruchowytsch ist seit Jahren eine wichtige literarische Stimme der demokratischen Bewegung der Ukraine. Andruchowytsch ist ein Schriftsteller in der Tradition der Einmischung in die öffentlichen Angelegenheiten. In seinen Büchern erzählt er von den vielfältigen Kulturen Mitteleuropas. In diesem Jahr erschien die von ihm herausgegebene Textsammlung "Euromaidan. Was in der Ukraine auf dem Spiel steht". Mit der Verleihung des Preises an Andruchowytsch drückt die Jury zugleich ihre Achtung für die Mitstreiterinnen und Mitstreiter einer unabhängigen und demokratischen Ukraine aus. Der Preis solle auch eine Ermutigung sein, denn der Streit um die Erringung der Freiheit sei nicht vorbei.
Die Aktionskünstlerinnen von Pussy Riot heißt es in der Würdigung, die Preisträgerinnen "trugen auf dem Höhepunkt der Demonstrationen gegen die Wiederwahl Putins als weiteren Schritt einer autoritären Wende den Widerstand ins geistige Zentrum des neuen großrussischen Machtgebildes. Bei ihrem Auftritt in der Moskauer Erlöserkathedrale riefen sie in ihrem "Punkgebet" Mutter Maria als feministischen Beistand an, um das Bündnis zwischen der orthodoxen Kirche und dem Kreml zu bekämpfen. In dem Prozess, der gegen die Aktionsgruppe geführt wurde, verteidigten sie sich mutig. Aus der Lagerhaft heraus setzten Nadeshda Tolokonnikowa und Marija Aljochina ihren Widerstand fort. Nach ihrer Entlassung stellten sie sich als Aufgabe, über das System der russischen Straflager aufzuklären und Solidarität für die Gefangenen zu organisieren. Mit den mutigen Aktionskünstlerinnen möchte die Jury auch all jene würdigen, die trotz Verfolgung an ihrem Widerstand gegen die reaktionäre Wende in Russland festhalten."
Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken will ein Denken ermutigen, das in politisches Handeln mündet. Die Verknüpfung von politischem Denken und politischem Handeln sei die öffentliche Rede. Als öffentliche Rede seien die Aktionskunst von Pussy Riot nicht weniger zu verstehen als die Essays, Bücher und Romane von Juri Andruchowytsch.

Der Jury gehören an:
Prof. Antonia Grunenberg (Berlin/Oldenburg)
Prof. Otto Kallscheuer (Sassari/Osnabrück)
Marie Luise Knott (Berlin)
Dr. Willfried Maier (Hamburg)
Prof. Karol Sauerland (Warschau)
Joscha Schmierer (Berlin)
Prof. Christina Thürmer-Rohr (Berlin)

Über die Preisträgerinnen und den Preisträger

  • Nadeshda Andrejewna Tolokonnikowa (geboren am 7. November 1989) stammt aus Sibirien, studierte in Moskau Philosophie und lernte dort ihren späteren Mann Pjotr Wersilow kennen. Gemeinsam waren sie Mitbegründer der Künstlergruppe "Woina" (Krieg), die mit Straßenkunst politische Provokation betrieb und durch Protestaktionen gegen die Staatsmacht bekannt wurde.
  • Marija Wladimirowna Aljochina (geboren am 6. Juni 1988) studierte in Moskau Journalistik, engagierte sich für Umweltprojekte und psychisch kranke Kinder.
  • Juri Andruchowytsch (geboren am 13. März 1960) ist Schriftsteller, Dichter, Essayist, Aktionskünstler und Übersetzer. Er ist eine der wichtigsten kulturellen und intellektuellen Stimmen der Ukraine. Andruchowytschs Werke sind international übersetzt und verlegt.

Veranstaltungshinweis
Am Samstag, 6. Dezember 2014 um 11 Uhr lädt die Heinrich Böll Stiftung zu der szenischen Lesung "PUSSY RIGHT" zum Prozess gegen die Band Pussy Riot sowie zu der Theater-Literatur-Musik-Performance "Euromaidan oder Die Rolle des Kontrabasses in der Revolution" mit dem Preisträger Juri Andruchowytsch in die Schwankhalle, Buntentorsteinweg 112, 28201 Bremen, ein.

Es lesen: Anja Wedig und Kristina Brons
Performance mit Juri Andruchowytsch – Autor, Erzähler
Ulyana Horbatschewska – Stimme
Mark Tokar – Kontrabass, Stimme
Moderation: Marieluise Beck

Kontakt:
Heinrich Böll Stiftung Bremen
Peter Rüdel
Plantage 13, 28215 Bremen
Telefon: 0421 35 23 68
E-Mail: boell-bremen@arcor.de
www.boell-bremen.de