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Die Senatorin für Kinder und Bildung

Spielen und Lernen: Sommercamp für Bremer Grundschulkinder

05.08.2004

Unterstützt durch Jacob Foundation und begleitet durch Max-Planck-Institut

Seit dem 19. Juli bis zum 6. August 2004 findet ein „Sommercamp“ für Bremer Grundschüler statt, das vom Senator für Bildung und Wissenschaft in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin, und mit der Jacobs Foundation, Zürich, veranstaltet wird. Senator Willi Lemke will mit dem Projekt erreichen, dass Kinder mit Defiziten in der deutschen Sprache, insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund, während der Ferienzeit ihre deutschen Sprachkenntnisse verbessern. „Viele Kinder sprechen während der langen Sommerferien kaum noch deutsch, sondern kom-munizieren fast ausschließlich in ihrer Muttersprache. Nach den Ferien müssen diese Kinder sich erst wieder an deutsche Sprache gewöhnen. Das beeinträchtigt ihren Schulerfolg“, erläuterte Senator Lemke.


Das namhafte Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin untersucht im Rahmen seiner wissenschaftlichen Begleitung, welche Vorteile ein solches Sprachcamp für Grundschüler hat. Bisher gibt es im europäischen Raum so gut wie keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber. Der Leiter des Instituts Professor Dr. Jürgen Baumert, hat sich dieser Aufgabe selbst angenommen und mit anderen bekannten Fachleuten das Untersuchungsdesign erstellt. Für die Durchführung des Forschungsprojekts ist die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Max-Planck-Instituts, Frau Dr. Petra Stanat, verantwortlich.


Die Durchführung des Sprachcamps wurde möglich, weil die Jacobs Foundation, Zürich, unter Federführung ihres Präsidenten Klaus Jacobs, die Finanzierung dieses europaweit bisher einmaligen Projekts übernommen hat und dafür rund 500.000 Euro bereit gestellt hat. „Bremen ist der Jacobs Stiftung außerordentlich dankbar für dieses großartige Engagement und wir sind stolz, dass sich so namhafte Persönlichkeiten wie Klaus Jacobs und Jürgen Baumert dafür einsetzen.“


Am Jacobs Sommer Camp nehmen circa 150 Grundschulkinder aus 23 Bremer Grundschulen teil, die im kommenden Schuljahr die vierte Klasse besuchen und in den Ferien nicht verreisen. Besonders eingeladen waren Kinder, die zuhause wenig deutsch sprechen, sondern eine andere Muttersprache. Aus diesem Grunde wurden in erster Linie Kinder aus den Grundschulen aufge-nommen, in denen der Migrantenanteil besonders hoch ist.


Angeboten wurde den Kindern im Jacobs Sommer Camp 2004 ein buntes Programm mit Spiel und Sport, Theaterspiel und Deutsch lernen – nicht in der Schule, sondern in Freizeithäusern in der Nähe von Bremen. In den Bremer Schullandheimen in Verden und Hepstedt nehmen jeweils ca. 45 Kinder und in der Jugendherberge in Syke ca. 60 Kinder am Sommercamp teil. In den ersten beiden Wochen wurden die Kinder morgens mit dem Bus abgeholt und abends wieder nach Bremen zurück gebracht – von Montag bis Freitag. In der dritten Woche übernachten die Kinder in den Heimen. Es sind immer genügend erwachsene Betreuer dabei. Die Kinder wurden zu Gruppen von ca. 15 Kindern zusammengefasst, für die jeweils 4 erwachsene Personen zur Verfügung stehen.


Täglich erhalten die Kinder von Fachlehrkräften zwei Stunden Deutschunterricht am Vormittag (außer in Syke). Der Unterricht wird getrennt angeboten, einerseits für Kinder, für die die deutsche Sprache die Zweitsprache darstellt und andererseits für solche, die Deutsch bereits zu Hause sprechen, aber noch große Schwierigkeiten im Gebrauch der deutschen Sprache haben, z. B. im Schriftlichen. Die Wissenschaftlerin Dr. Heidi Rösch von der Technischen Universität Berlin, hat eigens für das Sommercamp ein Sprachförderkonzept entwickelt. Nachmittags geht es unter der fachkompetenten Leitung von Theaterpädagogen um den Gebrauch der deutschen Sprache beim Theaterspielen. In Syke findet kein expliziter Deutschunterricht statt, sondern dort vollzieht sich die Sprachvermittlung nur über das Theaterspielen (vormittags und nachmittags). Die Wissenschaftler wollen so die unterschiedlichen Wirkungsweisen feststellen.


„Im Camp wird von den Kindern ausschließlich deutsch gesprochen. Dazu gibt es während des Tages viele Anlässe,“ stellt Petra Stanat vom Max-Planck-Institut fest. „Vor Beginn des Sommercamps wurde die Sprachkompetenz der Kinder überprüft und nach Ende des Camps geschieht dieses noch einmal. Wir möchten wissen, was die Sprachförderung während der Sommerferien für die Kinder gebracht hat und ob es einen Unterschied zu einer ebenfalls getesteten Kontrollgruppe gibt.“ Viel Motivation und eine gute Portion Spaß sind die Vorraussetzungen, damit Kinder erfolgreich lernen – besonders dann, wenn der Unterricht, wie beim Jacobs Sommer Camp in die Sommerferien fällt. Rund 20 Freizeitpädagogen des Bremer Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) kümmern sich in dieser Zeit darum, dass die etwa 150 Drittklässler in entspannter Atmosphäre ihre Deutschkenntnisse er-weitern können.


Vom gemeinsamen Frühstück bis zum Zu-Bett-Gehen, im Unterricht und bei der Gestaltung der Freizeit stehen die pädagogischen Mitarbeiter des ASB den Kindern zur Seite. Die Bedürfnisse der 9 bis 11-Jährigen stehen dabei immer im Vordergrund ihrer Arbeit: „Während des Camps haben die Kinder einen mindestens zehnstündigen, fest strukturierten Tag“, erklärt Monika Nebgen, Leiterin der Kinder- und Jugendhilfe des ASB und Koordinatorin des Freizeitprogramms. „Deshalb bieten wir für die beiden einstündigen Freizeit-Pausen kein feststehendes Programm. Die Kinder können aus un-serem großen, abwechslungsreichen Angebot je nach ihrem Befinden und ihren Bedürfnissen wählen.“


Gemeinsam mit Kunstpädagogen basteln und nähen die Schüler Kulissen und Kostüme für das Theaterprojekt. Unter Anleitung einer Biologin erkunden sie die Natur und erproben mit einem Opernsänger ihre musikalischen Fähigkeiten. Austoben können sich die Kinder bei Fußball und Bewegungsspielen. Und wer nach all dem Lernen müde ist, kann auch einfach mal Pause machen!


„Nicht stören“, „pünktlich sein“, „andere Kinder respektieren“: Damit die 150 Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern und aus dem gesamten Bremer Stadtgebiet gut miteinander auskommen, stellten sie gleich am ersten Tag gemeinsam mit den Pädagogen Regeln für das Zusammenleben im Sommercamp auf. „Wichtig sind mir vor allem der erzieherische Auftrag der Pädagogen, hier besonders die Vermittlung der für das Camp geltenden Regeln, und Aufbau und Wahrnehmung der Elternkontakte, die zum Beispiel bei Krankheit oder auch Heimweh unbedingt funktionieren müssen“, formuliert Monika Nebgen die Anforderungen an die Freizeitpädagoginnen und -pädagogen.


Nach dem Camp klingt das Projekt in der letzten Ferienwoche mit verschiedenen Freizeitaktivitäten aus: Besuch des Universums oder des Planetariums, Sport und Spiel mit den Pfadfindern und mit dem Turn- und Sportverein „Bremen 1860“ oder auf dem Abenteuergelände „Towabu“. Krönender Abschluss dann vom 17. bis 19. August jeweils eine Aufführung im Waldautheater sein. Dazu sind dann die Eltern der Kinder, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer eingeladen. Die Kinder möchten dort etwas von dem zeigen, was sie im Jacobs Sommercamp gelernt haben.


Senator Lemke möchte die Idee von Sommercamps in den Ferien unbedingt weiter entwickeln. Nach Auswertung der Ergebnisse des Jacobs Sprachcamps soll geklärt werden, in welcher Form die Erfahrungen dieses Jahres den Kindern in Zukunft zugute kommen können.