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Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz

Bremer Senat beschließt neues Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten

08.11.2022

Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat in seiner heutigen Sitzung (8. November 2022) ein neues Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen (PsychKG) beschlossen und damit einer grundlegenden Neuorientierung zugestimmt, die das derzeit geltende Gesetz vom 19. Dezember 2000 nach dem Ende der Gültigkeit am 31. Dezember 2022 ablösen wird. Die Vorbereitung dieses Vorhabens wurde in einer Fachleutegruppe aus Richterinnen und Richtern, Angehörigen, Betroffenen, Praktikerinnen und Praktikern aus dem Betreuten Wohnen, der psychiatrischen Kliniken und dem Maßregelvollzug sowie dem Landesbehindertenbeauftragten erbracht. Der daraus entstandene Gesetzesentwurf wurde anschließend mit den Ressorts Inneres und Justiz erörtert.

Die Federführung lag in der Zuständigkeit der Senatorin für Gesundheit in Abstimmung mit dem Senator für Inneres und der Senatorin für Justiz. "Nach einem jahrelangen und intensiven Prozess können wir nun ein Gesetz vorlegen, in dem neue Ansätze zum Tragen kommen. Mein Ressort hat hier gemeinsam mit Expertinnen und Experten eine gute Rechtsgrundlage geschaffen, um psychisch erkrankten Menschen in unserer Gesellschaft bestmöglich helfen zu können", sagt Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz.

Schwerpunktmäßig wurden in der Fachleutegruppe Änderungsvorschläge zu den psychosozialen Versorgungsstrukturen, der klaren Abgrenzung zwischen Unterbringung und Maßregelvollzug, dem Schutz und den Rechten der untergebrachten Personen sowie insbesondere im Bereich Maßregelvollzug der Schließung von bislang bestehenden Regelungslücken erarbeitet. Außerdem wurden Vorschriften zur Stärkung des Datenschutzes einbezogen. Das neue PsychKG berücksichtigt darüber hinaus Reformentwicklungen, die im Rahmen der Psychiatriereform in Bremen erreicht wurden. Die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist nochmals ausgewertet und die Vorgaben, die aus der UN-Behindertenrechtskonvention resultieren, einbezogen worden.

Psychiatrie in ihrer heutigen Form ist ein hybrides System, in dem sich die Behandlung der Betroffenen und die Sicherung und Kontrolle gegenüberstehen. Die UN-Behindertenrechtskonvention bemängelte eine Ungleichbehandlung von psychisch kranken Menschen auf Basis von Sondergesetzen und weist dies als stigmatisierend und menschenrechtsverletzend zurück. Psychisch kranke oder behinderte Menschen dürfen demnach von der Polizei und dem Gesundheitssystem grundsätzlich nicht anders behandelt werden, als psychisch gesunde Menschen. Das neue PsychKG wurde in diese Richtung gedacht. "Unsere Vision einer Psychiatrie der Zukunft ist ein von Diskriminierung und Zwang befreites System, in dem eine psychisch erkrankte Person nicht mehr gegen ihren Willen in die Klinik gebracht, sondern eine Untersuchung und Behandlung vor Ort durch den dafür zuständigen Krisendienst angeboten wird. Dieses Ziel wird mit dem neuen PsychKG zwar nicht vollständig erreicht werden können, aber es ebnet den Weg", sagt Claudia Bernhard.

Folgende Änderungen enthält das neue PsychKG im Vergleich zum derzeit geltenden Gesetz:

  • Mehr Übersichtlichkeit, mehr thematische Stringenz und eine klare Trennung von Öffentlich-rechtlicher Unterbringung und Maßregelvollzug.
  • Stärkere Ausrichtung des PsychKG als Hilfe- und Unterstützungsgesetz mit Fokus auf dem Recht auf seelische Gesundheit. Das neue PsychKG stellt Hilfen für Betroffene voran mit dem Ziel der selbstständigen Lebensführung, der Teilhabe und Wiedereingliederung.
  • Stärkung der Rechte der Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Respekt vor der individuellen Autonomie einschließlich der Freiheit, Entscheidungen selbstbestimmt treffen zu können. An verschiedenen Stellen im Gesetz ist festgeschrieben, dass betroffene Personen über ihr Widerspruchsrecht informiert werden müssen und dass diese Unterrichtung auch dokumentiert werden soll. Ebenso wurde unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte die Behandlung gegen den Willen auf das Ziel beschränkt, die Fähigkeit zur Selbstbestimmung der untergebrachten Person wiederherzustellen.
  • Zur Verstetigung der erreichten Ziele der Psychiatriereform wurden in §9 die regionalen Verbünde, also die Gemeindepsychiatrischen Verbünde aufgenommen. Somit wird unterstrichen, dass die Verbünde die Organisationsform der psychiatrischen Versorgung sind von denen die regionale Versorgung geplant und geleistet wird.

Ansprechpartner für die Medien:
Lukas Fuhrmann, Pressesprecher der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Tel.: (0421) 361-2082, E-Mail: lukas.fuhrmann@gesundheit.bremen.de