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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Schnellere Bearbeitung, höhere Qualität in der Rechtsprechung und mehr Rechtssicherheit durch zusätzliche Instanz in Eilverfahren

Berlin, Brandenburg, Bremen und Hamburg streben in einer gemeinsamen Bundesratsinitiative eine Reform des Asylprozessrechts an

05.07.2018

Die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen und Hamburg haben einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, der Änderungen im Asylprozessrecht vorsieht: In asylrechtlichen Eilverfahren soll die Möglichkeit eine weitere Instanz anzurufen geschaffen werden und in Hauptsacheverfahren sollen künftig schon die Verwaltungsgerichte selbst entscheiden, ob sie eine Berufung zulassen. Damit werden die Oberverwaltungsgerichte in die Lage versetzt, Grundsatzentscheidungen zu treffen, an denen sich die Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter orientieren können.

„Die Welle der Asylverfahren ist eine Bewährungsprobe für den Rechtsstaat. Die Verfahren müssen schnell, aber auch rechtssicher entschieden werden. Verwaltung und Verwaltungsgerichte brauchen hierfür klare Vorgaben der höheren Gerichte“, so der Bremer Justizsenator Martin Günthner. „Wenn die Verwaltungsgerichte bei identischen Sachverhalten unterschiedlich entscheiden, haben wir es mit einer Asyllotterie zu tun. Eine solche Rechtssprechungslotterie schadet dem Rechtsstaat und muss ein Ende haben. Wir wollen die Oberverwaltungsgerichte in die Lage versetzen, Grundsatzfragen zügig zu klären, damit das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Gerichte in der ersten Instanz und die Geflüchteten wissen, woran sie sind.“

Dirk Behrendt, Berliner Justizsenator, erklärt: „Es wäre hilfreich, wenn das Bundesinnenministerium sich endlich mit diesem sinnvollen Vorschlag zur Verbesserung des Asylprozessrechts befassen würde, anstatt täglich neue Vorschläge zur Abweisung Geflüchteter vorzulegen.“

Der Brandenburgische Justizminister Stefan Ludwig erläutert: „Schnellere Verfahren entlasten nicht nur die Justiz, sondern helfen auch den Asylsuchenden. Sie bekommen zügig eine Entscheidung. Dies ist ein Akt der Menschlichkeit. Umso unverständlicher ist die Blockadehaltung der Union. Ich erwarte, dass die politischen Akteure aller Parteien sich dem Grundsatz verpflichtet fühlen, Menschen in Not zu helfen. Das Trauma einer Flucht darf nicht um ein langes Warten auf eine richterliche Entscheidung verlängert werden.“

Till Steffen, Hamburger Justizsenator, sagt dazu: „Wir brauchen gute Lösungen, um Asylverfahren zu beschleunigen. Hier liegt nun ein Vorschlag auf dem Tisch, der auf der fachlichen Ebene auf große Zustimmung stößt. Es gibt selten Gesetzesvorhaben, die so eine breite Unterstützung erfahren. Die ablehnende Haltung der CSU ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Gerichte ächzen unter den schleppenden Verfahren, aber sachlich fundierte und effiziente Lösungen werden von der Bayerischen Landesregierung abgelehnt. Es scheint, als ob die CSU gar nicht an einer Lösung interessiert ist, um genug Wahlkampffutter zu haben. Mit diesem verantwortungslosen Agieren im Schatten der Landtagswahl nimmt die CSU die Gerichte in Geiselhaft, obwohl diese Entlastung sich auf allen Ebenen der Asylverfahren auswirken würde.“

Hintergrund
Derzeit werden asylrechtliche Eilverfahren von den Verwaltungsgerichten in erster Instanz entschieden. Jedes Verfahren wird von einem Richter alleine geführt, der sich bei der Urteilsfindung nicht auf leitende Rechtsprechung beziehen kann. Leitentscheidungen der Oberinstanzen zu zentralen Fragen fehlen. Gleich gelagerte Fälle, bei denen es um die Situation in bestimmten Herkunftsländern geht, müssen immer wieder neu entschieden werden – zum Teil mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die Folge ist neben einer Vielzahl aufwendiger Prozesse eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge könnte diese Leitentscheidungen für seine Prüfungsmaßstäbe heranziehen und so die Anzahl der Klagen von vornherein senken. Die Justizministerkonferenz, die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberverwaltungsgerichte sowie der Bund deutscher Verwaltungsrichter und -richterinnen befürworten das Vorhaben. Am Freitag befasst sich der Bundesrat damit.