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Der Senator für Kultur

Paula Modersohn-Becker Museum zeigt die Ausstellung „Femme Flaneur

14.01.2005

Erkundungen zwischen Boulevard und Sperrbezirk

„Ich beneide die Leute um ihre Freiheit, allein spazieren gehen zu dürfen, (…) das ist die Freiheit, ohne die man kein wahrer Künstler werden kann.“ Diese Worte von der ukrainisch-französischen Malerin Marie Bashkirtseff waren im Jahr 1879 lebensbestimmend für Künstlerinnen: Ein freies Flanieren durch Parks oder Straßen, geschweige denn der Besuch von Bars, Cafés oder Nachtlokalen, war für sie undenkbar, wollten sie nicht ihren guten Ruf verlieren.


Mit der Ausstellung „Femme Flaneur – Erkundungen zwischen Boulevard und Sperrbezirk“ zeigt das Paula Modersohn-Becker Museum vom 16. Januar bis 3. April 2005 Werke von Künstlerinnen, die erstmals dieses Tabu gebrochen haben. Auf der Suche nach Bildmotiven erobern Künstlerinnen wie Ida Gerhardi, Käthe Kollwitz, Marianne Werefkin und Jeanne Mammen den bislang von Männern dominierten öffentlichen Raum. Auf Boulevards, in Kaffeehäuser und Bars, bis in Nachtlokale und sogar in Rotlicht-Milieus wagen sich die couragierten Frauen, um das Leben von Frauen in der Großstadt festzuhalten. Die Stuttgarter Kuratorin Rita E. Täuber hat rund 80 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen aus dem In- und Ausland zusammengetragen und rückt ein in der Kunstgeschichte bislang vernachlässigtes Thema ins Rampenlicht: Der weibliche Blick auf das Leben der großstädtischen Gesellschaft vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die dreißiger Jahre. Eine Schau, die im Paula Modersohn-Becker Museum, dem ersten Museum weltweit, das einer Künstlerin gewidmet wurde, ihren idealen Ausstellungsort findet.



Die frühesten Bilder der Ausstellung stammen von der Westfälin Ida Gerhardi (1862-1927), die bereits um 1900 im legendären Pariser Tanzlokal „Bal Bullier“ Motive findet, die auch Paula Modersohn-Becker im gleichen Jahr beobachtet: „Ein buntes Bild, unglaublich viel zu sehen: Studenten und Künstler, hübsch und lustig in ihren gelungenen Sammetanzügen und Schlapphüten, mit ihren kleinen Mädchen (…).“ Weitere frühe Flaneurinnen sind Käthe Kollwitz (1867-1945) und Marianne Werefkin (1860-1938), die in Paris, München und Berlin unterwegs sind. Ihre Bilder fangen die Stimmungen der Großstadt ein und zeigen selbst die dunklen Seiten der Amüsierbetriebe. Auch erotische Sujets werden von den Malerinnen ausgeleuchtet: Die Anita-Berber-Mappe von Charlotte Behrend-Corinth (1880-1967) zeigt die als „Göttin der Nachtlokale“ gefeierte Tänzerin in eindeutigen Posen.


Sternstunde der weiblichen Flaneure in Deutschland ist die Weimarer Republik: In den goldenen zwanziger Jahren schießen Bars, Cafés, Tanzlokale und Varietés wie Pilze aus dem Boden und bieten Malerinnen wie Elfriede Lohse-Wächtler (1899-1940), Jeanne Mammen (1890–1976), Lou Albert-Lasard (1885-1969), Gerta Overbeck (1898-1977) und Grethe Jürgens (1899-1981) zahlreiche Motive. Die Ausstellung, die zuvor im Bonner August Macke Haus gezeigt wurde, ist bis zum 3. April im Paula Modersohn-Becker Museum zu sehen. Ein umfangreiches Führungsprogramm bietet einen breiten Zugang zum Thema: Neben Terminen speziell für die Generation über 50 gibt es französischsprachige und musikalische Führungen. Der Katalog, erschienen in der Schriftenreihe Verein August Macke Haus, kostet 15 Euro. Die Ausstellung wird gefördert durch die Sparkasse Bremen und die Öffentlichen Versicherungen Bremen (ÖVB).


Achtung Redaktionen:

Die Vertreterinnen und Vertreter der Medien – insbesondere die Bildberichterstatter - sind herzlich zur Ausstellungseröffnung mit Museumsdirektor Dr. Rainer Stamm und Kuratorin Dr. Rita E. Täuber am Sonntag, dem 16. Januar 2005, um 11.30 Uhr, im Paula Modersohn-Becker Museum, eingeladen.